Dienstag, 8. März 2016

Achtung: Werbung!




Es ist in Indien natürlich nicht anders als in Deutschland: Es geht nichts ohne Geld. Die laufenden Kosten werden hier im Elwin Centre durch die Kindernothilfe (zumindest noch bis 2019), einen lokalen Spenderkreis, die Kirche und die Regierung gut gedeckt. Jetzt steht aber ein großes Projekt an beziehungsweise ist schon voll im Gange: es sollen Schlafsäle für unsere „Special Employees“ gebaut werden. Die Special Empoyees sind ehemalige Schüler, die jetzt entweder hier im Centre oder in einer nahegelegenen Fabrik arbeiten und hier essen und schlafen. Meistens weil sie zu Hause wenig Perspektiven hätten. Bis jetzt schlafen diese allerdings noch in den Klassenzimmern auf dem Boden. Es gibt bereits ein Gebäude, indem gekocht und gegessen wird, an dieses werden nun rechts und links noch Räume angebaut.
  
Der aktuelle Stand der Bauarbeiten am SE-Hostel

Um etwas Geld dafür zu sammeln, waren die Vocationals (also die älteren Schüler, die jetzt auf Berufe vorbereitet werden), Muthukumar (einer der Special Employees, der hier im Centre arbeitet und einfach immer und überall hilft) und ich fleißig und haben Karten gebastelt, die wir nun Deutschland verkaufen wollen.

Mary Sami und Muthukumar beim Palmenblätter auschneiden

Rajasamy Raga, Solomon Raga und Arun beim Kleben
So einfach war das mit dem Basteln allerdings nicht immer: obwohl Geschmäcker natürlich überall verschieden sind, sind sie doch sehr stark von der jeweiligen Kultur geprägt. So gingen unsere Vorstellungen über eine gelungene Karte oft etwas auseinander. Und sich das zu erklären, ohne dass beide Parteien die gleiche Sprache perfekt sprechen, ist dann doch eine Herausforderung. Mit Muthukumar war das aber sogar fast einfacher: er ist taubstumm, so hat man sich einfach immer alles gezeigt. Mit Händen und Füßen versteht man sich doch am Besten!

Allerdings waren die meisten hier von meinem ersten Vorschlag, der Elefantenkarte, nicht so extrem begeistert: ich hatte sie aus Zeitungspapier gebastelt und da fehlt einfach die kräftige Farbe und das Glitzer! Trotzdem bastelten alle fleißig mit und das ist das Ergebnis:

In Tamil heißt der Elefant "Yanei"

Das nächste Motiv sollte ein Pfau werden. Der Pfau ist der Nationalvogel von Indien und taucht hier auch ständig auf: Ob in echt am Straßenrand, in verschiedenen Gärten oder als Verzierung in Tempeln und Häusern, überall begegnet einem dieser stolze Vogel. Und zu dem gehört natürlich das Glitzern und Funkeln dazu! So huschte auch ein sehr erfreutes Lächeln über das Gesicht der Vocational- Lehrerin, als ich ihr meinen Entwurf zeigte. Allerdings haben die hier einfach mehr Erfahrung im Pfausehen, so dass Muthukumar die Proportionen noch etwas abänderte und noch ein paar Vorschläge machte. Zum Glück, denn so gut sah mein Pfau davor nicht aus:


Tamilisch "Maile"

Wie immer war Muthukumar sehr motiviert, so dass wir beiden sogar Wochenendschichten einlegten, um den Pfau fertig zu bekommen.

Pfauengroßproduktion

Muthukumar beim Pfauen verschönern

Auch das nächste Design wäre ohne Muthukumar sicherlich nichts beziehungsweise nicht so gut geworden: das Collam. Von dem hatte ich schon in meinem Blog zu Pongal im Januar etwas geschrieben. Normalerweise wird das Collam mit Pulver aus gefärbtem Reismehl besonders bei Festen auf den Boden gestreut. Jetzt hat Muthukumar seinen Vorrat an 20 verschiedenen Collam auf Papier gezeichnet, wir haben sie kunterbunt angemalt und natürlich wieder mit Glitzer verziert. Die Farbzusammensetzung der einen oder anderen Karte hätte ich vielleicht anderes gewählt. Aber hier gelten da ganz andere Regeln, man trägt zum Beispiel auch rot zu lila. Und daran gewöhnt man sich auch sehr schnell, inzwischen fällt mir sowas schon gar nicht mehr auf, anfangs war das aber schon etwas seltsam. Man wird eben – wie gesagt- sehr stark von der Kultur, in der man lebt, geprägt.

Zwei der Collam-Motive

Vor einem halben Jahr hätte mir auch noch niemand erzählen können, dass ich mich einmal in einem knallpinken Oberteil wohlfühle. Das mach ich aber inzwischen, das habe ich mir extra schneidern lassen. Die Stoffreste  von diesem und zwei anderen Oberteilen sind in der nächsten Karte verwertet:

Blumen aus Stoffresten
Stoffe und Blumen findet man hier einfach überall und es ist wunderbar, durch einen Markt zu schlendern, an den Blumenständen Blumen geschenkt zu bekommen (die werden hier oft zu Kilopreisen verkauft, so dass die Händlern nicht wussten, was sie jetzt für 3 Blumen verlangen sollen), und sich den Stoff auszusuchen, aus dem man sich dann in höchstens einer Stunde und für wenig Geld ein komplettes Outfit schneidern lassen kann. Die Blumen werden hier meistens in den Haaren getragen. Am beliebtesten sind die weisen Jasmin-Blüten, die zu Ketten geknüpft werden. Täglich haben ein paar der Kinder Blumen und spätestens bei Festen wie Weihnachten oder Hochzeiten sieht man kaum eine Frau ohne eine Blumenkette in den schwarzen Haaren.
Leider war es doch sehr anspruchsvoll, die Blumen aus dem Stoff zu schneiden, so dass es darauf hinausgelaufen ist, dass fast nur die Lehrerin und ich diese Karte gemacht haben. Da das ja nicht der Sinn des Ganzen ist, sind wir dann auf Papier umgestiegen:

Papierblumenkarte

Wir waren also fleißig, hier noch ein paar Eindrücke:

Nandana hochkonzentriert beim Schneiden

Auch Raja gibt sich Mühe

Muthukumar färbt das Papier für die Pfauen

Das Kleben ist dann Teamarbeit

Passt alles so?

Stempel drauf und fertig!
Jetzt ist der Papa an der Reihe. Dem gebe ich die Karten bei seinem Besuch nächste Woche mit. Ab April sind sie dann erhältlich und werden in der Gemeinde verkauft, genaueres dazu folgt noch. Wer von weiter weg kommt und Interesse hat, darf sich aber natürlich gerne bei mir melden! Schließlich sollen ja möglichst alle 100 Karten verkauft und so viel Geld wie möglich gesammelt werden. 

So, genug Werbung! 

Ganz liebe Grüße,

Eure Anna