Es ist in Indien natürlich nicht anders als in Deutschland:
Es geht nichts ohne Geld. Die laufenden Kosten werden hier im Elwin Centre
durch die Kindernothilfe (zumindest noch bis 2019), einen lokalen Spenderkreis,
die Kirche und die Regierung gut gedeckt. Jetzt steht aber ein großes Projekt
an beziehungsweise ist schon voll im Gange: es sollen Schlafsäle für unsere
„Special Employees“ gebaut werden. Die Special Empoyees sind ehemalige Schüler,
die jetzt entweder hier im Centre oder in einer nahegelegenen Fabrik arbeiten
und hier essen und schlafen. Meistens weil sie zu Hause wenig Perspektiven
hätten. Bis jetzt schlafen diese allerdings noch in den Klassenzimmern auf dem
Boden. Es gibt bereits ein Gebäude, indem gekocht und gegessen wird, an dieses
werden nun rechts und links noch Räume angebaut.
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Der aktuelle Stand der Bauarbeiten am SE-Hostel |
Um etwas Geld dafür zu sammeln, waren die Vocationals (also
die älteren Schüler, die jetzt auf Berufe vorbereitet werden), Muthukumar
(einer der Special Employees, der hier im Centre arbeitet und einfach immer und
überall hilft) und ich fleißig und haben Karten gebastelt, die wir nun
Deutschland verkaufen wollen.
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Mary Sami und Muthukumar beim Palmenblätter auschneiden |
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Rajasamy Raga, Solomon Raga und Arun beim Kleben |
So einfach war das mit dem Basteln allerdings nicht immer:
obwohl Geschmäcker natürlich überall verschieden sind, sind sie doch sehr stark
von der jeweiligen Kultur geprägt. So gingen unsere Vorstellungen über eine
gelungene Karte oft etwas auseinander. Und sich das zu erklären, ohne dass
beide Parteien die gleiche Sprache perfekt sprechen, ist dann doch eine
Herausforderung. Mit Muthukumar war das aber sogar fast einfacher: er ist
taubstumm, so hat man sich einfach immer alles gezeigt. Mit Händen und Füßen
versteht man sich doch am Besten!
Allerdings waren die meisten hier von meinem ersten
Vorschlag, der Elefantenkarte, nicht so extrem begeistert: ich hatte sie aus
Zeitungspapier gebastelt und da fehlt einfach die kräftige Farbe und das
Glitzer! Trotzdem bastelten alle fleißig mit und das ist das Ergebnis:
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In Tamil heißt der Elefant "Yanei" |
Das nächste Motiv sollte ein Pfau werden. Der Pfau ist der
Nationalvogel von Indien und taucht hier auch ständig auf: Ob in echt am
Straßenrand, in verschiedenen Gärten oder als Verzierung in Tempeln und
Häusern, überall begegnet einem dieser stolze Vogel. Und zu dem gehört natürlich
das Glitzern und Funkeln dazu! So huschte auch ein sehr erfreutes Lächeln über
das Gesicht der Vocational- Lehrerin, als ich ihr meinen Entwurf zeigte.
Allerdings haben die hier einfach mehr Erfahrung im Pfausehen, so dass
Muthukumar die Proportionen noch etwas abänderte und noch ein paar Vorschläge
machte. Zum Glück, denn so gut sah mein Pfau davor nicht aus:
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Tamilisch "Maile" |
Wie immer war Muthukumar sehr motiviert, so dass wir beiden
sogar Wochenendschichten einlegten, um den Pfau fertig zu bekommen.
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Pfauengroßproduktion |
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Muthukumar beim Pfauen verschönern |
Auch das nächste Design wäre ohne Muthukumar sicherlich
nichts beziehungsweise nicht so gut geworden: das Collam. Von dem hatte ich
schon in meinem Blog zu Pongal im Januar etwas geschrieben. Normalerweise wird
das Collam mit Pulver aus gefärbtem Reismehl besonders bei Festen auf den Boden
gestreut. Jetzt hat Muthukumar seinen Vorrat an 20 verschiedenen Collam auf
Papier gezeichnet, wir haben sie kunterbunt angemalt und natürlich wieder mit
Glitzer verziert. Die Farbzusammensetzung der einen oder anderen Karte hätte
ich vielleicht anderes gewählt. Aber hier gelten da ganz andere Regeln, man
trägt zum Beispiel auch rot zu lila. Und daran gewöhnt man sich auch sehr
schnell, inzwischen fällt mir sowas schon gar nicht mehr auf, anfangs war das
aber schon etwas seltsam. Man wird eben – wie gesagt- sehr stark von der Kultur,
in der man lebt, geprägt.
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Zwei der Collam-Motive |
Vor einem halben Jahr hätte mir auch noch niemand erzählen
können, dass ich mich einmal in einem knallpinken Oberteil wohlfühle. Das mach
ich aber inzwischen, das habe ich mir extra schneidern lassen. Die
Stoffreste von diesem und zwei anderen
Oberteilen sind in der nächsten Karte verwertet:
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Blumen aus Stoffresten |
Stoffe und Blumen findet man hier einfach überall und es ist
wunderbar, durch einen Markt zu schlendern, an den Blumenständen Blumen
geschenkt zu bekommen (die werden hier oft zu Kilopreisen verkauft, so dass die
Händlern nicht wussten, was sie jetzt für 3 Blumen verlangen sollen), und sich
den Stoff auszusuchen, aus dem man sich dann in höchstens einer Stunde und für
wenig Geld ein komplettes Outfit schneidern lassen kann. Die Blumen werden hier
meistens in den Haaren getragen. Am beliebtesten sind die weisen Jasmin-Blüten,
die zu Ketten geknüpft werden. Täglich haben ein paar der Kinder Blumen und
spätestens bei Festen wie Weihnachten oder Hochzeiten sieht man kaum eine Frau
ohne eine Blumenkette in den schwarzen Haaren.
Leider war es doch sehr anspruchsvoll, die Blumen aus dem
Stoff zu schneiden, so dass es darauf hinausgelaufen ist, dass fast nur die
Lehrerin und ich diese Karte gemacht haben. Da das ja nicht der Sinn des Ganzen
ist, sind wir dann auf Papier umgestiegen:
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Papierblumenkarte |
Wir waren also fleißig, hier noch ein paar Eindrücke:
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Nandana hochkonzentriert beim Schneiden |
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Auch Raja gibt sich Mühe |
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Muthukumar färbt das Papier für die Pfauen |
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Das Kleben ist dann Teamarbeit |
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Passt alles so? |
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Stempel drauf und fertig! |
Jetzt ist der Papa an der Reihe. Dem
gebe ich die Karten bei seinem Besuch nächste Woche mit. Ab April sind sie dann
erhältlich und werden in der Gemeinde verkauft, genaueres dazu folgt noch. Wer
von weiter weg kommt und Interesse hat, darf sich aber natürlich gerne bei mir
melden! Schließlich sollen ja möglichst alle 100 Karten verkauft und so viel
Geld wie möglich gesammelt werden.
So, genug Werbung!
Ganz liebe Grüße,
Eure Anna