Gründe zum Feiern gibt es hier genug, so dass ich mit dem Schreiben
gar nicht hinter her komme. Deswegen hier ein Nachtrag, zum sogenannten
„Pongal“, das vom 14.-17. Januar (der Anfang des tamilischen Monats Tai)
gefeiert wurde.
Es handelt sich dabei um ein tamilisches Erntedankfest,
eigentlich komplett ohne religiösen Hintergrund. Trotzdem betet natürlich jede
Religionsgemeinschaft zu ihrem Gott, beziehungsweise im Hinduismus wird der
Sonnengott angebetet. Ohne ihn könnte schließlich nichts wachsen.
Vier Tage lang wird jeden Tag ein anderes Ritual zelebriert,
allen voran das Pongalkochen (so heißt nämlich auch ein Reisgericht aus Reis,
Ghee, Nüssen und Zucker). Der Pongal wird so lange gekocht, bis er überkocht, was
dann von allen mit fröhlichen „Pongal, Pongal“-Rufen begleitet wird. Denn das
Überkochen soll ein glückliches neues Jahr voller Reichtum und Überfluss
garantieren. Besonders wichtig ist hierbei das Zuckerrohr, aus dem der Zucker
gewonnen wird. Das wird auch einfach so roh gegessen. Schmeckt auch gut, eben
ganz süß.
Ich selbst habe die vier Tage an denen Pongal gefeiert wird
zwar auf einem Camp verbracht, Pongal feiern durfte ich aber trotzdem zweimal:
Einmal hier im Elwin Centre und tags darauf in einer Schule in Sivakasi.
Unsere Feier begann am Morgen des 12. Januar mit einem
„Kolam“-Wettbewerb. Kolam sind meist symmetrische Muster, die mit gefärbtem
Reismehl auf den Boden gemalt werden. Gemalt wird mit der bloßen Hand, das
Pulver rieselt zwischen Daumen und Zeigefinger auf den Boden. Im Hinduismus
gelten diese Muster als glück- und segenbringend, so sieht man sie sehr oft vor
und in Tempeln und vor Hauseingängen.
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Das bunte Reismehl |
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Die Anfänge |
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Das Grundmuster ist fertig |
Fünf Teilnehmer, darunter Mütter der Kinder und eine unserer
Köchinnen, malten mit faszinierender Schnelligkeit und Genauigkeit die
wunderbar bunten Muster. Später wurden sie von einer Jury bewertet und mal
wieder ein Sieger gekürt.
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Ich habe leider nur für das Foto posiert... |
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Eines der fertigen Kolam |
Nachmittags ging es weiter mit Spielen für die Kinder
(ähnlich wie an Weihnachten), einem crazy clothes contest und natürlich mit
Tänzen. Dieses Mal haben die Lehrerinnen und Mitarbeiterinnen einen
traditionellen Tanz eingeübt, den sogenannten „Kummi“. Natürlich habe ich da
auch mitgemacht, sehr zur Freude der Kinder, die das sehr lustig fanden und
mich jetzt wie Wochen später immer noch darauf ansprechen.
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Alle Zutaten für den Pongal müssen möglichst schnell in den Topf über der Feuerstelle gelegt werden |
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Fertig! |
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Avinas und Chitra im traditionellen Tanzoutfit |
Zum Abschluss durfte das Pongalessen nicht fehlen! Pongal
ist unglaublich süß (zumindest am Pongalfest, sonst isst man ihn auch würzig),
was den Kindern dann selbstverständlich sehr gut schmeckt. Und mir auch.
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Meine Köchin präsentiert den Pongal |
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Geschmückt war das ganze Gelände mit Zuckerrohr |
Die Feier am nächsten Tag war komplett anders und eher
traditionell gehalten. Nachdem ich in der Schule ankam, befand ich mich erstmal
plötzlich in einem Fotoshooting mit allen Klassen.
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Die zweite Klasse |
Anschließend wurden noch
viele Fotos rund um den Pongaltopf mit allen Schülern und Lehrern gemacht.
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Und noch einmal posen fürs Foto |
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Die Lehrer rund um die Kochstelle |
Dann endlich
ging es so richtig los: Ein paar der Kinder und ich mitten drin durften eine
Runde auf einem Ochsenkarren fahren, hinter einer jubelnden und tanzenden
Menge aus den restlichen Kindern hinterher, begleitet von traditioneller
Livemusik.
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Beim Losfahren |
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Der Ochsenkarren ist auch geschmückt mit Zuckerrohr |
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Die jubelnden Kinder |
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Die Musiker |
Als wir wieder sicher (es wäre nur einmal ein Kind fast
runter gefallen) auf dem Platz vor der Schule ankamen, gab es erst einmal ein
Spiel: je einem Kind wurden die Augen verbunden und ein langer Stock in die
Hand gedrückt. Dieses Kind musste dann versuchen, schnurstracks gerade aus auf
einen Topf zu zulaufen, der an einem Gestell ungefähr zweieinhalb Meter über
dem Boden aufgehängt war und diesen dann zu zerschlagen. Das ist gar nicht so
einfach, ich bin gescheitert! Was aber auch gut war, in dem Topf befanden sich
nämlich Wasser und Blätter, die dann auf den Gewinner herunter gepflatscht
sind. Aber auch eine 2 Rupien Münze als Preis, was ungefähr 3 Cent entspricht
;)
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Mein Versuch |
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Das Gestell |
Ein weiterer Bestandteil von Pongal war ursprünglich der
Stierkampf, der heutzutage aber nur noch an wenigen Orten stattfindet und bei
uns von den Kindern nachgespielt wurde.
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Der Stier |
Genauso wie das Anheben eines großen
Steines. Wer das hinbekam, war „reif“ zum Heiraten.
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Der Junge hats geschafft! |
Anschließend wurde noch dem Sonnengott gehuldigt (das war
ausnahmsweise mal keine christliche Schule) und auch hier hatten die Kinder
Tänze einstudiert.
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Anbeten des Sonnengottes |
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Auch die Kinder hier haben "Kummi" getanzt |
Nach dem Pongalessen und einigen Verabredungen mit den
Lehrern dort (zum Beispiel gebe ich jetzt einmal in der Woche Deutschunterricht
für drei der Lehrer und ein paar Schüler), war Pongal für mich auch wieder
vorbei.
Am Samstag geht das Programm schon wieder weiter, ich fahre
(mit Anna natürlich) zum Zwischenseminar nach Visakhapatnam und werde danach
noch zwei andere Freiwillige in und auf dem Weg nach Hyderabad besuchen.
Da gibt es dann sicher wieder was zu erzählen!
Bis dann, liebe Grüße!
Eure Anna