Samstag, 21. Mai 2016

Darf ich vorstellen? Meine Mitbewohner



„Ein ganzes Häuschen für mich alleine? Das ist doch viel zu groß!“, dachte ich, als ich mein sogenanntes „Elwin Cottage“ zum ersten Mal sah. Es besteht aus einem großen Raum, in dem drei Betten, ein Tisch und ein Kühlschrank stehen, einem Nebenraum mit dem Schrank und einer Wäscheleine, einem Badezimmer und einem halb nach außen geöffneten, überdachtem Platz mit noch einer Wäscheleine.   Dieser Eindruck verstärkte sich noch, als ich die Räume der anderen sah: In einem Raum, der genauso groß ist wie der Hauptraum meines Cottages, schlafen hier circa 15-20 Kinder plus eine Betreuerin. Und in einem anderen, der nicht einmal halb so groß ist, wohnen vier Lehrerinnen. 

Doch damals wusste ich noch nicht, dass ich gar nicht alleine hier wohnen werde. Inzwischen habe ich allerdings mit den verschiedensten Mitbewohnern Bekanntschaft gemacht. Auch wenn nicht jede Gesellschaft besonders schön war. 

Ziemlich schnell lernte ich die Streifenhörnchen kennen, die sich sehr gerne in meinem Dach austoben und Wettrennen auf den Holzbalken veranstalten. Das hat zur Folge, dass ich eigentlich täglich durchkehren muss, denn das macht ganz schön Dreck. Außerdem haben diese die Angewohnheit, wirklich alles essbare aufzustöbern und komplett zu vernichten, dass nicht komplett hinter Schloss und Riegel ist. Essbar sind übrigens nicht nur Lebensmittel, auch Plastikflaschen werden gerne einmal probiert. Diesen Fressattacken sind schon zwei Taschen zum Opfer gefallen, denn ein bisschen Stoff (selbst der feste Stoff eines großen Backpacker-Rucksacks) hält die Streifenhörnchen nicht auf! Auch ein Paket, das schon fertig gepackt zum Verschicken in meinem Schrank stand, wurde geplündert. Nicht erfolgreich waren sie aber bei meinen Versperdosen, die ich glücklicherweise geschenkt bekam. Da knabberten sie zwar den Rand ab, an den Inhalt kamen sie allerdings nicht. 
Eines der unzähligen Streifenhörnchen

Ein Streifenhörnchenbaby

Und noch einmal von Nahem


Obwohl ich mir wirklich Mühe gebe, ist es gar nicht so einfach, alle Lebensmittel sicher zu verstauen: Trotz der Verwendung von einem Insektenkillerspray, kehren immer wieder Ameisen in meinem Wandschrank zurück und fallen über alles her, was nicht doppelt eingeschweißt ist. Oder über Vesperdosen, die nicht mehr ganz dicht sind… Einzig mein Kühlschrank ist noch sicher und meine Rettung!
Die von Ameisen besetzte, angeknabberte Dose


Allerdings nur in Bezug auf Lebensmittel. Da sie die nicht mehr gefunden haben, suchten sich die Ameisen ein neues zu Hause und fanden ausgerechnet meinen Laptop! Was Ameisen in einem Laptop wollen, weiß ich nicht, sie hatten es sich darin aber wohl sehr bequem gemacht und ihn dadurch lahmgelegt! Irgendeine Verbindung im Motherboard war kaputt. Glücklicherweise konnte er repariert werden und bleibt nun hoffentlich unbewohnt.

Etwas analoger sind da meine Ratten unterwegs. Aber auch über ihren Geschmack lässt sich streiten. Ihr Leibgericht sind neben Bobons und Gummibärchen (die sie jetzt schon aufgegessen haben),  Seife, benutze Papiertaschentücher und Unterhosen. Und die orten sie auch überall, auch vor meinem Bett (um das ein Moskitonetz gespannt ist, tagsüber allerdings nicht immer komplett zu war) machen sie nicht halt. So habe ich schon des Öfteren über und unter meinem Schrank zerfressene Unterhosen (die zwischenzeitlich dann echt knapp waren) und zerfetzte Taschentücher gefunden.  Der Schrank ist nämlich der Lieblingsplatz der Ratten. Deshalb stoße ich ihn inzwischen nur noch mit weit von mir gestrecktem Arm auf und warte dann kurz, ob sich etwas bewegt.  Besonders, wenn ich einmal ein paar Tage nicht da war, fühlten sie sich sehr wohl darin und hinterließen allerlei… So werde ich regelmäßig dazu veranlasst, den kompletten Schrank zu putzen und behalte stets den Überblick, was ich denn da alles so drin habe!
Ein Streifenhörnchen und eine Ratten- allerdings in Bangolore im Park

Auch meinen Wandschrank musste ich komplett säubern, nachdem ich in den Sommerferien drei Wochen nicht da war: es hatte sich Termiten (oder etwas Ähnliches) angesiedelt und sich durch meine kompletten Unterlagen gefressen. Mein Vertrag mit der EMS ist dem auch zum Opfer gefallen, meine Unterschrift wurde aufgefressen….

So ähnlich sahen alle Unterlagen im Wandschrank aus
Neben diesen festen Mitbewohner haben auch schon Gäste vorbeigeschaut, die allerdings schnell wieder verschwunden waren beziehungsweise denen der Aufenthalt nicht so gut bekam.
So wurde ich von einem munteren surren begrüßt, als ich, nachdem ich hinter meinem Cottage gesessen hatte bis es dunkel wurde, wieder in mein Zimmer kam. Ich hatte das Licht angelassen und die Vordertür stand offen, was wohl sehr einladend gewirkt hat. Zumindest auf einem riesigen Schwarm Motten, der mein komplettes Zimmer ausfüllte. Um das Licht auszumachen, musste ich mittendurch, wobei sich einige der Motten in meiner Kleidung verfangen haben und da gar nicht mehr weg wollten. Die anderen ließen sich aber schnell überzeugen, dass es draußen doch gemütlicher ist, zumindest als ich dort das Licht angemacht hatte. 

Der Mottenscharm
Etwas unwilliger war der nächste Gast. Ihn entdeckte ich eines Abends. Passender Weise war gerade Stromausfall und ich lief mit einer Taschenlampe durch das Haus. Ich hatte gerade das Badezimmerfenster in der Hand und wollte es zu machen, als sich ein Schatten dahinter bewegte. Ein länglicher, dünner Schatten. Ganz vorsichtig schaute ich noch einmal nach, doch kein Zweifel: eine Schlange! Und das, wo mir ständig erzählt wurde, dass ich mich vor den Schlangen in Acht nehmen solle!  Also nichts wie raus, Tür zu und zurück zu den anderen. Sofort wurde der Wachmann angerufen und eine Gruppe freiwilliger Helfer eilte herbei. Bewaffnet mit Stöcken und Taschenlampen wagten wir uns wieder zurück in das Cottage, pirschten und langsam vor und standen dicht gedrängt vor dem Bad. Da mein Fenster vergittert ist, konnte die Schlange nicht abhauen. Der Wachmann scheuchte sie auf - begleitet von einem Schrei der anderen- und schlug auf sie ein. Beim zweiten Schlag erwischte er den Kopf, was die Schlange außer Gefecht setzte. Zum Glück – es war eine Königskobra. Und das Gesprächsthema für die nächsten Wochen!

Geschafft!

Mutprobe ;)
Einsam und langweilig ist es hier also nie. Immer wieder finden meine Mitbewohner einen neuen Weg um mich zu überraschen. Und wenn es nur ein kleiner Gecko ist, der einem entgegen hüpft oder eine Kakerlake um die Ohren fliegt.  Ich bin gespannt, was noch passiert!