„Ein ganzes Häuschen für mich alleine? Das ist doch viel zu
groß!“, dachte ich, als ich mein sogenanntes „Elwin Cottage“ zum ersten Mal
sah. Es besteht aus einem großen Raum, in dem drei Betten, ein Tisch und ein
Kühlschrank stehen, einem Nebenraum mit dem Schrank und einer Wäscheleine,
einem Badezimmer und einem halb nach außen geöffneten, überdachtem Platz mit
noch einer Wäscheleine. Dieser Eindruck
verstärkte sich noch, als ich die Räume der anderen sah: In einem Raum, der
genauso groß ist wie der Hauptraum meines Cottages, schlafen hier circa 15-20
Kinder plus eine Betreuerin. Und in einem anderen, der nicht einmal halb so
groß ist, wohnen vier Lehrerinnen.
Doch damals wusste ich noch nicht, dass ich gar nicht
alleine hier wohnen werde. Inzwischen habe ich allerdings mit den
verschiedensten Mitbewohnern Bekanntschaft gemacht. Auch wenn nicht jede
Gesellschaft besonders schön war.
Ziemlich schnell lernte ich die Streifenhörnchen kennen, die
sich sehr gerne in meinem Dach austoben und Wettrennen auf den Holzbalken
veranstalten. Das hat zur Folge, dass ich eigentlich täglich durchkehren muss,
denn das macht ganz schön Dreck. Außerdem haben diese die Angewohnheit,
wirklich alles essbare aufzustöbern und komplett zu vernichten, dass nicht
komplett hinter Schloss und Riegel ist. Essbar sind übrigens nicht nur
Lebensmittel, auch Plastikflaschen werden gerne einmal probiert. Diesen
Fressattacken sind schon zwei Taschen zum Opfer gefallen, denn ein bisschen
Stoff (selbst der feste Stoff eines großen Backpacker-Rucksacks) hält die Streifenhörnchen
nicht auf! Auch ein Paket, das schon fertig gepackt zum Verschicken in meinem
Schrank stand, wurde geplündert. Nicht erfolgreich waren sie aber bei meinen
Versperdosen, die ich glücklicherweise geschenkt bekam. Da knabberten sie zwar
den Rand ab, an den Inhalt kamen sie allerdings nicht.
Eines der unzähligen Streifenhörnchen |
Ein Streifenhörnchenbaby |
Und noch einmal von Nahem |
Obwohl ich mir wirklich Mühe gebe, ist es gar nicht so
einfach, alle Lebensmittel sicher zu verstauen: Trotz der Verwendung von einem
Insektenkillerspray, kehren immer wieder Ameisen in meinem Wandschrank zurück und
fallen über alles her, was nicht doppelt eingeschweißt ist. Oder über
Vesperdosen, die nicht mehr ganz dicht sind… Einzig mein Kühlschrank ist noch
sicher und meine Rettung!
Die von Ameisen besetzte, angeknabberte Dose |
Allerdings nur in Bezug auf Lebensmittel. Da sie die nicht
mehr gefunden haben, suchten sich die Ameisen ein neues zu Hause und fanden
ausgerechnet meinen Laptop! Was Ameisen in einem Laptop wollen, weiß ich nicht,
sie hatten es sich darin aber wohl sehr bequem gemacht und ihn dadurch
lahmgelegt! Irgendeine Verbindung im Motherboard war kaputt. Glücklicherweise
konnte er repariert werden und bleibt nun hoffentlich unbewohnt.
Etwas analoger sind da meine Ratten unterwegs. Aber auch
über ihren Geschmack lässt sich streiten. Ihr Leibgericht sind neben Bobons und
Gummibärchen (die sie jetzt schon aufgegessen haben), Seife, benutze Papiertaschentücher und
Unterhosen. Und die orten sie auch überall, auch vor meinem Bett (um das ein
Moskitonetz gespannt ist, tagsüber allerdings nicht immer komplett zu war)
machen sie nicht halt. So habe ich schon des Öfteren über und unter meinem
Schrank zerfressene Unterhosen (die zwischenzeitlich dann echt knapp waren) und
zerfetzte Taschentücher gefunden. Der
Schrank ist nämlich der Lieblingsplatz der Ratten. Deshalb stoße ich ihn
inzwischen nur noch mit weit von mir gestrecktem Arm auf und warte dann kurz,
ob sich etwas bewegt. Besonders, wenn
ich einmal ein paar Tage nicht da war, fühlten sie sich sehr wohl darin und
hinterließen allerlei… So werde ich regelmäßig dazu veranlasst, den kompletten
Schrank zu putzen und behalte stets den Überblick, was ich denn da alles so
drin habe!
Ein Streifenhörnchen und eine Ratten- allerdings in Bangolore im Park |
Auch meinen Wandschrank musste ich komplett säubern, nachdem
ich in den Sommerferien drei Wochen nicht da war: es hatte sich Termiten (oder
etwas Ähnliches) angesiedelt und sich durch meine kompletten Unterlagen
gefressen. Mein Vertrag mit der EMS ist dem auch zum Opfer gefallen, meine
Unterschrift wurde aufgefressen….
So ähnlich sahen alle Unterlagen im Wandschrank aus |
Neben diesen festen Mitbewohner haben auch schon Gäste
vorbeigeschaut, die allerdings schnell wieder verschwunden waren
beziehungsweise denen der Aufenthalt nicht so gut bekam.
So wurde ich von einem munteren surren begrüßt, als ich,
nachdem ich hinter meinem Cottage gesessen hatte bis es dunkel wurde, wieder in
mein Zimmer kam. Ich hatte das Licht angelassen und die Vordertür stand offen,
was wohl sehr einladend gewirkt hat. Zumindest auf einem riesigen Schwarm
Motten, der mein komplettes Zimmer ausfüllte. Um das Licht auszumachen, musste
ich mittendurch, wobei sich einige der Motten in meiner Kleidung verfangen
haben und da gar nicht mehr weg wollten. Die anderen ließen sich aber schnell
überzeugen, dass es draußen doch gemütlicher ist, zumindest als ich dort das
Licht angemacht hatte.
Der Mottenscharm |
Etwas unwilliger war der nächste Gast. Ihn entdeckte ich
eines Abends. Passender Weise war gerade Stromausfall und ich lief mit einer
Taschenlampe durch das Haus. Ich hatte gerade das Badezimmerfenster in der Hand
und wollte es zu machen, als sich ein Schatten dahinter bewegte. Ein
länglicher, dünner Schatten. Ganz vorsichtig schaute ich noch einmal nach, doch
kein Zweifel: eine Schlange! Und das, wo mir ständig erzählt wurde, dass ich
mich vor den Schlangen in Acht nehmen solle!
Also nichts wie raus, Tür zu und zurück zu den anderen. Sofort wurde der
Wachmann angerufen und eine Gruppe freiwilliger Helfer eilte herbei. Bewaffnet
mit Stöcken und Taschenlampen wagten wir uns wieder zurück in das Cottage,
pirschten und langsam vor und standen dicht gedrängt vor dem Bad. Da mein
Fenster vergittert ist, konnte die Schlange nicht abhauen. Der Wachmann
scheuchte sie auf - begleitet von einem Schrei der anderen- und schlug auf sie
ein. Beim zweiten Schlag erwischte er den Kopf, was die Schlange außer Gefecht
setzte. Zum Glück – es war eine Königskobra. Und das Gesprächsthema für die
nächsten Wochen!
Geschafft! |
Mutprobe ;) |
Einsam und langweilig ist es hier also nie. Immer wieder
finden meine Mitbewohner einen neuen Weg um mich zu überraschen. Und wenn es
nur ein kleiner Gecko ist, der einem entgegen hüpft oder eine Kakerlake um die
Ohren fliegt. Ich bin gespannt, was noch
passiert!
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