... es fühlt sich
allerdings an, als sei schon so viel passiert, wie sonst in einem ganzen Jahr!
Deshalb komm ich leider auch erst jetzt dazu, hier mal etwas zu schreiben und
euch zumindest mal einen kleinen Überblick all das zu geben, was ich hier so
erlebe. Auf einzelne Dinge werde ich dann später noch einmal eingehen, das
sprengt sonst hier den Rahmen.
Die erste Woche in Indien durften wir acht Freiwillige der
EMS zusammen in Chennai und Bangalore verbringen, dort wohnten wir jeweils in
einem Gebäude der CSI (Church of Southindia), die die Partnerorganisation der
EMS ist und uns hier in den Einrichtungen unterbringt. Und es war auch sehr gut
so, dass wir zusammen waren! So wurden wir zusammen bei unseren ersten Versuchen,
mit den Händen zu essen von unserem Mentor ausgelacht (viel besser als von den
Kindern hier im Heim!), rannten gemeinsam Hand-in-Hand und von Adrenalin
getrieben über die Straßen und berieten uns gegenseitig beim Kauf unseres
ersten indischen Kleidungsstückes. Außerdem konnten wir die neuen Eindrücke
ausführlich besprechen. Von denen gab es ganz schön viele, so dass die Nächte
oft recht kurz wurden… ;) Angefangen vom Klima (in Chennai sehr heiß, in
Bangalore dagegen war es eher kühl), den überfüllten Straßen, dem Lärm, dem
extrem leckeren Tee über der Reichtum auf der einen und die Armut auf der
anderen Seite bis hin zum teils scharfen Essen und natürlich den neuen Sprachen
beziehungsweise dem indischen Englisch, an das man sich schon erst einmal
gewöhnen muss!
Blick über Chennai |
In Chennai am Strand |
Blick über Bangalore |
Bangalore bei Nacht |
Bauarbeiten in Bangalore |
Commercial Street in Bangalore |
Unsere Unterkunft in Bangalore |
Reiches Bangalore |
Ärmeres Bangalore |
Park in Bangalore |
Der Hauptteil der Zeit
bestand aus „Sessions“, also Vorträge zu bestimmten Themen, wie der
Sozialstruktur Indiens, Kinder und besonders Mädchen in Indien, dem Aufbau der
CSI und die verschiedenen Einrichtungen und auch Verhaltensregeln und kulturelle
Unterschiede zwischen Europäern und Indern. Die Zeit mit allen zusammen verging
so schnell und der Tag, an dem wir in die Einrichtungen abgeholt wurden, rückte
unaufhaltsam näher.
Mr. Barnabas, der Leiter des Elwin Centers, in dem ich für
die nächsten 10 Monate lebe, kam nach Bangalore um mich und Anna, eine
Freiwillige, die ganz in der Nähe von mir wohnt, abzuholen. Da wir über Nacht
mit dem Zug fuhren, waren wir fast die Letzen die gingen und verabschiedeten
nach und nach die anderen, spazierten mit einer der Inderinnen, die wir kennen
gelernt haben durch den Park, um unsere Nerven zu beruhigen und mussten
schlussendlich mit einer Taschenlampe unser Zeugs zusammen packen und bei
Kerzenschein essen, da der Strom ausgefallen war. Dadurch dauerte alles etwas
länger und Mr. Barnabas wartete schon nervös auf uns, da man den Verkehr nie so
genau einschätzen kann (so viel zu Thema deutsche Pünktlichkeit: meistens
warteten die Inder auf uns…).
Wir kamen jedoch pünktlich zum Zug, verstauten
unser Gepäck unter den Sitzen, redeten noch etwas und klappten auch bald die
Betten aus, um schlafen zu gehen. Das Schlafen in den Zügen funktioniert
überraschend gut! Besonders toll an den Zügen ist auch, dass die Türen während
der Fahrt offen bleiben, so dass man sich wunderbar rauslehnen und den
Fahrtwind und den Ausblick genießen kann. Wirklich schnell fahren die Züge auch
nicht, der schnellste Zug in Südindien, mit dem wir von Chennai nach Bangalore
gefahren sind, fährt ähnlich schnell wie eine Regionalbahn bei uns. Dafür bekommt
man bei diesem Zug wie im Flugzeug sein Essen und Zeitungen an den Platz
gebracht.
Am Bahnhof wurden wir schon erwartet, ich bekam ein
wunderschönes Blumengesteck und musste mich dann auch von Anna verabschieden.
Mit einem kleinen Van und gefühlt völlig alleine, fuhren wir ins Elwin Center
und ich bezog mein „Elwin Cottage“, ein verhältnismäßig großes aus mit zwei
Betten, einem Kühlschrank, einem Schrank, einem Bad (natürlich ein indisches
Bad ohne Dusche, dafür mit Eimer und Kelle, das klappt echt gut!) und einer
Wäscheleine.
Meine Wohnung |
Mein Bad |
Alleine wohne ich
hier aber nicht, ich bekomme regelmäßig Besuch von Streifenhörnchen, Geckos und
Ameisen. Ganz schon gewitzten Viecher, die Ameisen nahmen sofort meine Kekse
(die einpackt waren!) in Beschlag. Deshalb packte ich all die Süßigkeiten, die
ich inzwischen schon geschenkt bekommen hatte, obwohl sie eingeschweißt waren,
in eine Plastiktüte und legte sie dann in einen Karton. Doch am nächsten Tag
merkte ich, dass die Tüte aufgebissen und eine Kekspackung geöffnet und zwei
der Kekse halb aufgegessen waren! Zum Glück hab ich den Kühlschrank, auch wenn
ich ihn nicht angeschaltet hab, aber die Tür bekommt bis jetzt noch keiner der
kleinen Besucher auf.
Ein kleiner Besucher |
Auch wenn ich aus dem Haus gehe, bin ich keine Sekunde
alleine, von überall winken die Kinder, rufen mich zu mir her und umarmen und
kitzeln mich, zeigen oder erzählen mir was oder wollen, dass ich sie fange oder
durch die Luft wirble. Ich kann mich also mächtig austoben hier und fühl mich
echt wohl dabei!
Leider versteh ich nicht alles, was die Kinder mir sagen
wollen, da diese ja (fast) nur Tamil sprechen. Auch die anderen Lehrerinnen und
die Köchin (die unglaublich cool ist und sich selbst als meine „Indian-Mummy“
bezeichnet, mir verbietet, mich zu bedanken und sich jetzt schon auf meine
Hochzeit eingeladen hat), sprechen nur wenig englisch, manche etwas mehr,
manche weniger. So braucht es manchmal etwas länger, bis wir uns gegenseitig
mit Händen und Füßen klar gemacht haben, was wir denn gerade meinen, klappen
tut es aber immer. Und wenn alle Stricke reißen sollten, gibt es Mr. Barnabas,
der spricht sehr gut Englisch. So ein paar Wörter Tamil kann ich auch schon und
es werden täglich mehr. Besonders wichtig sind die Wörter für „wenig“ und
„genug“, denn nur so kann man jedem klar machen, dass man echt nicht so viel
essen möchte! Obwohl das Essen natürlich sehr gut schmeckt!
Ab und zu helfe ich auch dabei, es zu zubereiten. So richtig
feste Aufgabe habe ich aber noch nicht, ich schau mir erst noch die
verschiedenen Klassen an, beobachte alles, helfe beim Essen verteilen und
spiele mit den Kindern.
Von der Woche, in der ich jetzt hier bin, habe ich viel Zeit
auch nicht im Center verbracht, sondern war ständig mit Mr. Barnabas unterwegs:
auf einem Lehrerseminar, einem Vorbereitungstreffen für ein Sommercamp, in
einem anderen Heim für Mädchen und vor allem auf einer Verlobung und einer
Hochzeit (darüber schreib ich mal extra noch was, das passt jetzt nicht mehr
hier rein!). Das war alles unglaublich spannend und richtig toll, das Einleben
hier hat dafür aber etwas länger gebraucht. Trotzdem fühle ich mich echt wohl,
versteh mich gut mit all den Lehrerinnen und liebe die Kinder hier jetzt schon!
Auch wenn das alles nur ein Bruchstück von dem ist, was ich
schon erlebt habe und ich das Gefühl habe, gar nichts gesagt zu haben, habt ihr
jetzt hoffentlich einen kleinen Eindruck bekommen, was ich hier so treibe.
Vieles lässt sich einfach nicht in Worte fassen! Nach und nach werde ich auch
noch mehr Bilder vom Elwin Centre machen, ich wollte allerdings nicht gleich am
Anfang nur mit dem Fotoapparat dastehen…aber ich hab ja noch Zeit :)
Ganz liebe Grüße, ich melde mich bald wieder!
Eure Anna