Freitag, 18. September 2015

Zwei Wochen lang bin ich jetzt hier...



... es fühlt sich allerdings an, als sei schon so viel passiert, wie sonst in einem ganzen Jahr! Deshalb komm ich leider auch erst jetzt dazu, hier mal etwas zu schreiben und euch zumindest mal einen kleinen Überblick all das zu geben, was ich hier so erlebe. Auf einzelne Dinge werde ich dann später noch einmal eingehen, das sprengt sonst hier den Rahmen.

Die erste Woche in Indien durften wir acht Freiwillige der EMS zusammen in Chennai und Bangalore verbringen, dort wohnten wir jeweils in einem Gebäude der CSI (Church of Southindia), die die Partnerorganisation der EMS ist und uns hier in den Einrichtungen unterbringt. Und es war auch sehr gut so, dass wir zusammen waren! So wurden wir zusammen bei unseren ersten Versuchen, mit den Händen zu essen von unserem Mentor ausgelacht (viel besser als von den Kindern hier im Heim!), rannten gemeinsam Hand-in-Hand und von Adrenalin getrieben über die Straßen und berieten uns gegenseitig beim Kauf unseres ersten indischen Kleidungsstückes. Außerdem konnten wir die neuen Eindrücke ausführlich besprechen. Von denen gab es ganz schön viele, so dass die Nächte oft recht kurz wurden… ;) Angefangen vom Klima (in Chennai sehr heiß, in Bangalore dagegen war es eher kühl), den überfüllten Straßen, dem Lärm, dem extrem leckeren Tee über der Reichtum auf der einen und die Armut auf der anderen Seite bis hin zum teils scharfen Essen und natürlich den neuen Sprachen beziehungsweise dem indischen Englisch, an das man sich schon erst einmal gewöhnen muss!  

Blick über Chennai

In Chennai am Strand

Blick über Bangalore

Bangalore bei Nacht

Bauarbeiten in Bangalore

Commercial Street in Bangalore

Unsere Unterkunft in Bangalore

Reiches Bangalore

Ärmeres Bangalore

Park in Bangalore
  Der Hauptteil der Zeit bestand aus „Sessions“, also Vorträge zu bestimmten Themen, wie der Sozialstruktur Indiens, Kinder und besonders Mädchen in Indien, dem Aufbau der CSI und die verschiedenen Einrichtungen und auch Verhaltensregeln und kulturelle Unterschiede zwischen Europäern und Indern. Die Zeit mit allen zusammen verging so schnell und der Tag, an dem wir in die Einrichtungen abgeholt wurden, rückte unaufhaltsam näher.

Mr. Barnabas, der Leiter des Elwin Centers, in dem ich für die nächsten 10 Monate lebe, kam nach Bangalore um mich und Anna, eine Freiwillige, die ganz in der Nähe von mir wohnt, abzuholen. Da wir über Nacht mit dem Zug fuhren, waren wir fast die Letzen die gingen und verabschiedeten nach und nach die anderen, spazierten mit einer der Inderinnen, die wir kennen gelernt haben durch den Park, um unsere Nerven zu beruhigen und mussten schlussendlich mit einer Taschenlampe unser Zeugs zusammen packen und bei Kerzenschein essen, da der Strom ausgefallen war. Dadurch dauerte alles etwas länger und Mr. Barnabas wartete schon nervös auf uns, da man den Verkehr nie so genau einschätzen kann (so viel zu Thema deutsche Pünktlichkeit: meistens warteten die Inder auf uns…).
 Wir kamen jedoch pünktlich zum Zug, verstauten unser Gepäck unter den Sitzen, redeten noch etwas und klappten auch bald die Betten aus, um schlafen zu gehen. Das Schlafen in den Zügen funktioniert überraschend gut! Besonders toll an den Zügen ist auch, dass die Türen während der Fahrt offen bleiben, so dass man sich wunderbar rauslehnen und den Fahrtwind und den Ausblick genießen kann. Wirklich schnell fahren die Züge auch nicht, der schnellste Zug in Südindien, mit dem wir von Chennai nach Bangalore gefahren sind, fährt ähnlich schnell wie eine Regionalbahn bei uns. Dafür bekommt man bei diesem Zug wie im Flugzeug sein Essen und Zeitungen an den Platz gebracht.

Am Bahnhof wurden wir schon erwartet, ich bekam ein wunderschönes Blumengesteck und musste mich dann auch von Anna verabschieden. Mit einem kleinen Van und gefühlt völlig alleine, fuhren wir ins Elwin Center und ich bezog mein „Elwin Cottage“, ein verhältnismäßig großes aus mit zwei Betten, einem Kühlschrank, einem Schrank, einem Bad (natürlich ein indisches Bad ohne Dusche, dafür mit Eimer und Kelle, das klappt echt gut!) und einer Wäscheleine.
Meine Wohnung

Mein Bad


 Alleine wohne ich hier aber nicht, ich bekomme regelmäßig Besuch von Streifenhörnchen, Geckos und Ameisen. Ganz schon gewitzten Viecher, die Ameisen nahmen sofort meine Kekse (die einpackt waren!) in Beschlag. Deshalb packte ich all die Süßigkeiten, die ich inzwischen schon geschenkt bekommen hatte, obwohl sie eingeschweißt waren, in eine Plastiktüte und legte sie dann in einen Karton. Doch am nächsten Tag merkte ich, dass die Tüte aufgebissen und eine Kekspackung geöffnet und zwei der Kekse halb aufgegessen waren! Zum Glück hab ich den Kühlschrank, auch wenn ich ihn nicht angeschaltet hab, aber die Tür bekommt bis jetzt noch keiner der kleinen Besucher auf. 
Ein kleiner Besucher


Auch wenn ich aus dem Haus gehe, bin ich keine Sekunde alleine, von überall winken die Kinder, rufen mich zu mir her und umarmen und kitzeln mich, zeigen oder erzählen mir was oder wollen, dass ich sie fange oder durch die Luft wirble. Ich kann mich also mächtig austoben hier und fühl mich echt wohl dabei! 
 
Leider versteh ich nicht alles, was die Kinder mir sagen wollen, da diese ja (fast) nur Tamil sprechen. Auch die anderen Lehrerinnen und die Köchin (die unglaublich cool ist und sich selbst als meine „Indian-Mummy“ bezeichnet, mir verbietet, mich zu bedanken und sich jetzt schon auf meine Hochzeit eingeladen hat), sprechen nur wenig englisch, manche etwas mehr, manche weniger. So braucht es manchmal etwas länger, bis wir uns gegenseitig mit Händen und Füßen klar gemacht haben, was wir denn gerade meinen, klappen tut es aber immer. Und wenn alle Stricke reißen sollten, gibt es Mr. Barnabas, der spricht sehr gut Englisch. So ein paar Wörter Tamil kann ich auch schon und es werden täglich mehr. Besonders wichtig sind die Wörter für „wenig“ und „genug“, denn nur so kann man jedem klar machen, dass man echt nicht so viel essen möchte! Obwohl das Essen natürlich sehr gut schmeckt!
Ab und zu helfe ich auch dabei, es zu zubereiten. So richtig feste Aufgabe habe ich aber noch nicht, ich schau mir erst noch die verschiedenen Klassen an, beobachte alles, helfe beim Essen verteilen und spiele mit den Kindern. 

Von der Woche, in der ich jetzt hier bin, habe ich viel Zeit auch nicht im Center verbracht, sondern war ständig mit Mr. Barnabas unterwegs: auf einem Lehrerseminar, einem Vorbereitungstreffen für ein Sommercamp, in einem anderen Heim für Mädchen und vor allem auf einer Verlobung und einer Hochzeit (darüber schreib ich mal extra noch was, das passt jetzt nicht mehr hier rein!). Das war alles unglaublich spannend und richtig toll, das Einleben hier hat dafür aber etwas länger gebraucht. Trotzdem fühle ich mich echt wohl, versteh mich gut mit all den Lehrerinnen und liebe die Kinder hier jetzt schon!
Auch wenn das alles nur ein Bruchstück von dem ist, was ich schon erlebt habe und ich das Gefühl habe, gar nichts gesagt zu haben, habt ihr jetzt hoffentlich einen kleinen Eindruck bekommen, was ich hier so treibe. Vieles lässt sich einfach nicht in Worte fassen! Nach und nach werde ich auch noch mehr Bilder vom Elwin Centre machen, ich wollte allerdings nicht gleich am Anfang nur mit dem Fotoapparat dastehen…aber ich hab ja noch Zeit :)

Ganz liebe Grüße, ich melde mich bald wieder!
Eure Anna

Donnerstag, 3. September 2015

Es ist tatsächlich soweit...

...und in nicht einmal mehr elf Stunden sitze ich zusammen mit leider nur 6 der anderen Freiwilligen (eine muss krankheitsbedingt später fliegen) im Flugzeug auf dem Weg nach Chennai. Dem beginnenden Herbst hier entfliehen wir damit gekonnt, in Chennai hat es derzeit 34°C. Allerdings kommen wir mitten in der Monsunzeit, nur Sonnenschein können wir also nicht erwarten.
Generell weiß ich sowieso nicht, was mich in den nächsten Tagen erwarten wird und wann ich dann letztendlich in meiner Einsatzstelle ankommen werde.
Auch wenn ich nicht wirklich realisiere, dass es jetzt wirklich soweit ist: Ich bin gespannt, was ich alles zum Berichten habe!

Liebe Grüße und vielen Dank für all die netten Wünsche in den letzten Tagen!
Eure Anna