Sonntag, 22. November 2015

Die Zeit verfliegt...

... und es ist jetzt schon eine Weile her, seit ich das letzte Mal etwas von mir hören lassen habe. Das lag aber nicht daran, dass es nichts zu erzählen gegeben hätte, ganz im Gegenteil: zwei Hindu-Festivals, ein Ausflug nach Courtallam, das Erkunden von Madurai (also der nächsten größeren Stadt), ein Sporttag, Hochzeiten, ein Erntedankfest, ein Geburtstag und natürlich nicht zuletzt der ganz normale Alltag hier haben mich einfach viel zu sehr beschäftigt, um in Ruhe aufzuschreiben, was mir hier so passiert. Und jetzt weiß ich gar nicht, wo ich denn anfangen soll!


Am besten wohl der Reihe nach: das erste Hindu-Festival, Dassara, besuchten wir 8 Freiwilligen gemeinsam in Mysore, denn dort wird das immer besonders groß gefeiert. Eine Mitarbeiterin der Church of South India (CSI, die Partnerkirche der EMS), die Mini, die wir bei unseren Einführungstagen kennen gelernt haben, hatte uns eingeladen, uns dort sowohl die Stadt als auch das Festival zu zeigen. So stiegen Anna und ich am 20. Oktober abends um 6 Uhr in den Zug und am nächsten Morgen, nach ca. 15 Stunden sehr angenehmer Fahrt und auch etwas Schlaf, in Mysore wieder aus. 
Die erste Herausforderung war es dann, unser Quartier zu finden, da uns keine Adresse davon gesagt werden konnte; es hieß nur das „Wesleys Girls Boarding Home“ und wir sollen eine Rikscha nehmen. An diesen mangelte es  nicht, sobald man aus dem Bahnhof herauskommt umkreisen einen die Fahrer – besonders uns als weiße Touristen. Das Heim, zu dem wir wollten, kannten sie aber natürlich nicht, so ließen wir sie mit Mini telefonieren. Nach einer gefühlten Ewigkeit winkten sie uns dann zu einer Rikscha, wir versuchten unser Gepäck und uns selbst (inzwischen hatten wir uns mit einer weiteren Freiwilligen getroffen) zu verstauen, handelten den Preis aus und waren gespannt, ob wir auch dort ankommen würden, wo wir hin wollten. Auf den zweiten Anlauf dann taten wir das auch und wurden dort herzlich empfangen. Es handelt sich dabei um ein Heim der CSI für Mädchen, denen die Schule und die Verpflegung finanziert wird. Da die Mädchen fast alle über das Festival zu Hause waren, durften wir ihre Betten so lange benutzen und bekamen jeden Morgen Snacks und Tee von der Hausmutter, die ihre Ferien für uns opferte! Und das äußerst spontan, drei Tage davor wussten wir noch nicht, wo wir denn untergebracht sein würden.  

Nach und nach kamen auch die anderen Freiwilligen und wir hatten uns natürlich die ganzen vier Tage lang sehr viel zu erzählen. Währenddessen gingen wir in einen Park mit einer berühmten Licht und Wasser Show, standen über eine Stunde für einen Tempel auf dem Tempelberg an (wobei die Zeit hier sowieso anders vergeht als bei uns), bekamen im Tempel unseren ersten „indischen Punkt“ auf die Stirn und freuten uns darüber mächtig, durchstöberten einen Markt, ruhten uns in einem Vogelpark aus und bestaunten das prunkvolle Schloss, besonders als es abends komplett mit Lichterketten beleuchtet wurde. Das hatte etwas von einem Weihnachtsmarkt. 

Einer der Schuhstapel vor dem Tempel

Die Schlange vor dem Tempel

Im Innern des Tempels
Ich vor dem Tempel
                                               
Mittagessen im Vogelpark

Mini und ich im Vogelpark

Ein Pfau im Vogelpark   
Das beleuchtete Schloss


Der Höhepunkt war selbstverständlich das Festival selbst, das für uns aus zwei Programmpunkten bestand: Zum einen einem Umzug, bei dem die Götterstatue von Lord Rama auf über und über geschmückten und bemalten Elefanten durch die Stadt getragen wird, begleitet von vielen anderen Umzugswägen und Tänzern. Bis auf die Elefanten erinnert das Ganze an einen Karnevalsumzug bei uns. So gab es Wägen, auf denen Politiker zu sehen waren, ein anderer wies auf erneuerbare Energien hin und einer zeigte, was für Tiere der örtliche Zoo beheimatete.

Die ersten Elefanten

Marschkapelle

Dieser Wagen weist auf erneuerbare Energien hin

Der Wagen des Zoos
 Die Götterstatue auf einem der Elefanten bildete den Abschluss des Umzugs. Als diese in Sicht kam fingen Gruppen von Männern an ausgelassen zu tanzen und Menschenmassen stürmten hinter den Zug her. 

Die Götterstatue von Lord Rama
Auch wir machten uns, nach einer Stärkung im Haus von einem Freund von Minis Onkel, auf den Weg weiter in die Stadt rein, zum nächsten Programmpunkt: der Torchlight Parade. Wir wussten nicht, was uns da erwarten würde und so war ich erst einmal etwas enttäuscht, als verschiedene Militär- und Polizeieinheiten aufliefen, Kanonenschüsse abgefeuert wurden und Pferde, begleitet von Schüssen der Soldaten, ihre Runden drehten. (Dass ich kein besonders großer Fan von so etwas bin, dürfte bekannt sein. Besonders nicht, weil ein Pferd auf Grund einer Herzattacke, ausgelöst von den Schüssen, während der Veranstaltung starb…).


 Doch anschließend wurde es interessanter, das Spektakel glich nun einem Zirkus bei uns: Stunts auf Motorrädern, Tänze (die sicher eine religiöse Bedeutung hatten, die wir aber nicht verstanden), Kunststücke mit Pferden,… gekrönt von dem, auf das wir wegen des namens der Veranstaltung die ganze Zeit gewartet hatten: den Fackeln. Es war inzwischen dunkel geworden, so dass es unglaublich toll aussah, als mindestens 100 Personen mit jeweils zwei Fackeln in der Hand in das Stadion kamen, mit dem Feuer spielten und verschiedene Schriftstücke mit ihnen darstellten, was gleichzeitig das Ende des Festivals bedeutete.




Für das zweite Festival, Divali (Lichterfest), musste ich nicht so lange reisen, ich durfte in eine Hindu-Familie in Sivakasi, um das Festival auch so richtig mitzubekommen. Schon mindestens drei Wochen davor erzählten mir die Kinder täglich von Divali und so war ich mächtig gespannt, was es denn damit auf sich hatte. Dass die Lichter des Lichterfests nicht mehr aus Kerzen und Öllampen bestehen, sondern durch Feuerwerk ersetzt wurden, (wohl besonders hier in Sivakasi, wo Feuerwerkskörper für ganz Indien und darüber hinaus hergestellt werden) wurde mir schon im Voraus mehrfach gesagt und auch deutlich, als wir hier im Elwin Centre am Abend vor den Ferien ein (für meine Verhältnisse) riesiges Feuerwerk veranstalteten. Die Kinder jubelten bei jedem neuen Knall und waren mächtig euphorisch. Emotional kann man Divali wohl mit Weihnachten bei uns vergleichen.

So war auch das erste, was wir am Montagabend machten, nachdem mich Mr Barnabas und seine Frau in die Hindu-Familie gebracht hatten, Unmengen an Feuerwerk in die Luft zu jagen. Es gibt dazu keinen festen Zeitpunkt wie bei uns an Silvester, so dass von Montag bis Mittwoch, also den drei Tagen, an denen das Festival stattfand, den ganzen Abend lang bis spät in die Nacht der Himmel leuchtete wo man hinsah und es niemals still wurde, irgendwo knallte es immer. Auch tagsüber und schon tagelang davor zündelten einige Voreilige, was bei den Kindern immer ein fröhliches „Divali“-Rufen auslöste. 

Zur Folge hat das allerdings, dass der Verkehr auf der Straße ganz normal weiter geht, während andere Raketen in die Luft jagen, was mich mit meinem deutschen Sicherheitsvorschriftendenken manchmal ganz schön in Schrecken versetzte! Frauen mit Kindern, die ganz nah an den Böllern vorbeilaufen oder auch Männer auf Motorrollern, die zwischendurch fahren, ließen mich da mehrmals den Atem anhalten! Spaß gemacht hat es aber trotzdem J Doch die Entsorgung des kompletten Abfalls machte mich dann wieder etwas stutzig: alles was übrig war wurde auf einen Haufen geschmissen und verbrannt, es knallte noch ein paar Mal und qualmte mächtig, war aber effektiv.

Am nächsten Morgen standen wir um halb sechs auf, um uns in unsere Sarees zu wickeln und uns fertig zu machen für den Tempel. Bevor wir uns dahin vom 15-jährigen Sohn kutschieren ließen (erlaubt ist das Fahren hier auch ab 18, der Junge hat aber schon längere Fahrpraxis als ich ;), fuhren wir zum Haus des Onkels und holten noch zwei weitere Familien ab, mit denen wir gemeinsam in zwei Tempel gingen. Obwohl ich wohl ziemlich unbeholfen ausgesehen haben muss, als ich versucht hab all die Rituale zu betrachten und nachzuahmen, fragten die Priester im Tempel immer freundlich, ­­­woher ich denn käme und ob ich Hindu sei. Als ich dies verneinte, freuten sie sich trotzdem, dass ich da bin und meinten, ich könnte hier zu jedem Gott beten, an den ich glaube. Selbst als ich vergaß, meine Schuhe am Eingang auszuziehen, was ganz wichtig ist, waren sie nicht böse auf mich. Diese Offenheit und Toleranz ist hier überall zu finden und echt schön!

Als Opfergabe brachte jede Familie eine Schale mit einer Kokosnuss, Bananen, bestimmte Blättern und Blumen, die von einem Priester gesegnet werden. Anschließend rezitiert er oder ein anderer Priester verschiedene Mantras, es wird viel gebetet, wobei sich die Gläubigen immer wieder auf die Brust und die Stirn klopfen oder ihre Arme verschränken und zum Abschluss wird eine Glocke geläutet.  Alles verstanden habe ich leider noch nicht, obwohl mir immer wieder alles gezeigt und erklärt wurde. Vielleicht bekomme ich ja noch einmal die Möglichkeit, diese Traditionen zu beobachten.

Nach dem Tempelbesuch fuhren wir wieder zum Haus des Onkels und frühstückten dort. An Divali gibt es jede Menge besonderer Süßigkeiten, die ich natürlich alle probieren musste, so dass ich echt froh war, als mein Bananenblatt leer war und ich aufstehen konnte, obwohl alles wirklich gut geschmeckt hat. Nach einigen Familienfotos segneten die Erwachsenen sich gegenseitig und die Kinder und steckten einander Geld zu. Auch mir wollten sie unbedingt einige Rupien schenken, ich gehörte ja schließlich für diesen Tag dazu! 

Anschließend gingen wir wieder nach Hause, ich schlief erst einmal eine Weile, bevor es schon wieder ans Mittagessen ging. Danach schauten wir ein besonderes Divali-Programm im Fernseher, von dem ich leider nicht so viel verstand, nur so viel, dass alle tamilischen Stars darin aufkreuzten. Manche sangen und tanzten, andere mussten lustige Spiele spielen und gegeneinander antreten. Die Familie war auf jeden Fall begeistert! Zum Abschied schenkten sie mir sogar noch einen Sari und dann war auch dieses Hindu-Fest, schon wieder vorbei und der Alltag setzte wieder ein.

Alltag bedeutet, dass ich morgens von Kindern begrüßt werde, die freudestrahlend auf mich zu rennen und „Annakka, Annakka“ rufen (Akka bedeutet große Schwester). Weil Bilder ja oft mehr sagen als Worte, hier ein paar Fotos meiner Kinder, die ich schon alle so sehr ins Herz geschlossen habe:
Ein paar der Kinder beim Sporttag

Pream Kumar beim Weitsprung

Pandimunisweri und Lakshmi

Machalechmi und Muthukali

Nagapandi und Muthupria

Die Mädchen bei einer kleinen Feier auf dem Gelände


 Zur Zeit regnet es sehr oft, so dass ich nachmittags nicht immer wie gewohnt mit den Kindern spielen kann, sondern dann oft in der Küche beim Gemüseschneiden helfe und die Kinder ihre Strickpullis und Mützen auspacken. Es ist das erste Jahr seit langem, in dem es wieder genug Regen in der Gegend gibt. Mancherorts sogar zu viel, in Chennai gab es Hochwasser und Mr Barnabas´ Sohn, der dort lebt, musste mit dem Boot aus seinem Haus gerettet werden. Davon blieben wir hier aber zum Glück verschont und alle freuen sich über den Regen. Leider werden aber auch viele krank. Auch ich bekam eine Erkältung, aber das lag vermutlich an unserem Wochenendausflug nach Courtallam zu einem Bibelseminar. 

Courtallam ist berühmt für seine Wasserfälle, einer schöner als der andere! Und wie auch schon bei unserem Kerala-Ausflug hieß es zu mir, ich solle Extra-Klamotten mitnehmen, da wir im Wasserfall baden würden. Dieses Mal badeten wir aber nicht weiter flussaufwärts im ruhigen Fluss, sondern duschten direkt unter dem Wasserfall, was noch viel mehr Spaß machte! Besonders schön war es am Sonntagmorgen, als wir vor dem Frühstück losfuhren, um in Mitten von Bergen und einem Wald aus Palmen und Laubbäumen zu Duschen! Mit dieser Kulisse war das einfach traumhaft. Glücklicherweise war auch nicht viel los, normalerweise werden die Massen hier von Polizisten mit der Pfeife durchgejagt, wir konnten aber sofort rein und solange bleiben wie wir wollten- vermutlich, weil es in der Regenzeit doch recht kühl ist. Der Schnupfen hat sich aber auf alle Fälle gelohnt!


Mainfalls in Courtallam


Old Courtallam und Mr Barnabas
So, das war jetzt das wichtigste, was in den letzten Wochen passiert ist, alles weiter würde den Rahmen hier sprengen. Wie ihr seht fühle ich mich echt wohl, ich hüpfe inzwischen auch singend und strahlend über das Gelände des Elwin Centres: Ich fühle mich also zu Hause!  Und wenn sich jemand  trotz der Länge bis zum Ende des Textes durchgearbeitet hat:

Ganz liebe Grüße aus dem verregneten Indien,
Eure Anna

Sonntag, 18. Oktober 2015

Der Alltag ist eingekehrt…



….zumindest in den letzten zwei Wochen. Am Dienstagabend mache ich mich schon wieder auf den Weg, dieses Mal treffe ich mich mit den anderen Freiwilligen in Mysore, da dort ein berühmtes Hindu-Festival (Dassara) stattfindet. Damit hier aber nicht der Eindruck aufkommt, ich würde nur Reisen und überhaupt nicht arbeiten (so ist das nämlich nicht!), ist es wohl dringend an der Zeit, von meinem Alltag und meiner Arbeit hier zu erzählen. 

An Schultagen, also von Montag bis Freitag und an jedem zweiten Samstag, klingelt mein Wecker um 6:30 Uhr. Inzwischen ist es manchmal morgens sogar schon kühler, so dass ich mich fast überwinden muss, mir das kalte Wasser zum Duschen in meiner „indian bucket shower“ über den Kopf zu leeren. Aber wach bin ich dann! Der erste Tagesordnungspunkt – ein sehr wichtiger!- ist dann das Tee trinken in der Küche. Mit einem fröhlichen „Good morning!“ werde ich dort jeden Morgen von Selvamary (meiner Indian-Mummy) begrüßt, setze mich auf die Arbeitsplatte oder schaue ihr beim Gemüse schneiden zu (ab und zu darf ich auch helfen!) und warte auf meinen Tee – schwarzer Tee, der allerdings nicht mit Wasser, sondern mit Milch gekocht wird und mit ganz viel Zucker gesüßt wird. Schmeckt dementsprechend natürlich auch sehr gut und ist immer viel zu schnell getrunken!
Selvamary beim Gemüse schneiden


 Was für mich dann bedeutet, dass ich mich auf den Weg mach ins Nebengebäude, das Ladys-Hostel, und versuche, mich dort beim Haareflechten nützlich zu machen. Manchmal klappt das besser und ich frisiere ein paar der Mädchen, manchmal sitze ich aber auch nur auf dem Boden, umringt von einem Schwarm Mädchen und versuche, mit allen gleichzeitig zu reden, zu spielen und vor allem, alle zu verstehen. Aber egal, was ich mache – es ist ein schöner Start in den Tag!

Pünktlich um Acht gibt es Frühstück, wieder in dem Gebäude, in dem auch die Küche ist. Und auch da gibt es immer was zu tun: bei der Essensausgabe helfen, mit einem der Kinder anstehen, beim Tellertragen helfen oder wieder einfach nur Zuhören und die Kleider, Ohrringe und Zöpfe bestaunen – langweilig wird es nie! Sind dann alle Kinder versorgt, esse ich selbst auch und bekomme meistens sogar nochmal einen Tee. Gewöhnen musste ich mich daran, dass Frühstück hier nicht Müsli, Obst oder Toastbrot bedeutet, sondern eine volle, warme Mahlzeit ist. Wirklich Hunger darauf habe ich meistens allerdings immer noch nicht. 

Die Kinder beim Essen

Vollkommen satt geht es dann weiter in die kleine Kirche hier auf dem Gelände, zum „Staffprayer“, das jeden Tag von einem anderen Lehrer geleitet wird und aus zwei (meist tamilischen) Liedern, einer Bibelstelle (die ich in der englischen Bibel mitlesen kann) und einem Gebet besteht. 
Mitten im Grünen: Die Kirche des Elwin Centres

Chaotischer geht es da beim darauf folgenden „Childrenprayer“ zu, die Kinder singen aus voller Kehle, so wie sie es eben können. Das hört sich oft an, als sei es ein Kanon mit sehr vielen Stimmen, ist aber echt schön, ihnen zu zuhören. Und zu zuschauen, das meiste sind nämlich „Action-Songs“. Ab und zu wird noch eine Bibelgeschichte erzählt, an anderen Tagen dürfen einzelne Kinder vorsingen oder Verse aufsagen, manchmal ist die Gruppe auch in die „Größeren“ und die „Kleineren“ getrennt, so dass das Niveau dementsprechend angepasst werden kann.
Nach einer guten halben Stunde wird mit einem Gebet geschlossen und es geht entweder direkt in die Schule oder es werden noch ein paar Yoga-Übungen gemacht, was manchen mehr und anderen eher weniger Spaß macht und auch gelingt. Für die Lehrerinnen sind diese Übungen deshalb vermutlich noch herausfordernder als für die Kinder, da sie ständig helfen und animieren müssen. Beim Yoga und beim Gebet versuche ich mich meistens recht unauffällig zu verhalten, da die Kinder immer anfangen, mit mir zu reden, wenn sie mich sehen. Oder zu mir her laufen. Und manchmal sogar weinen, wenn sie daran gehindert werden. Das ist dann natürlich etwas unproduktiv. Wird aber auch schon besser, bald kann ich bestimmt mit animieren und helfen!

Bei den Yoga-Übungen


Anschließend, ab 10 Uhr, steht mir der stressigste Teil des Tages bevor: die Schule. Bis jetzt war ich immer in der First Standard, also sozusagen der ersten Klasse. Sie gleicht allerdings mehr einem Kindergarten; die Kinder bekommen etwas Spielzeug und sollen sich damit beschäftigen. Solange Stella, die Lehrerin, oder Rechal, die auch oft aushilft, im Raum sind, ist das auch echt schön, da kann ich mit einzelnen Kindern spielen, hab Zeit für sie und kann mich so auch um die Ruhigeren kümmern. Allerdings bin ich auch oft alleine mit den Kindern. Und dann wollen alle auf einmal meine Aufmerksamkeit. Hören auf das, was ich mit meinen noch nicht sehr ausgereiften Tamilkenntnissen zu ihnen sage, tun sie aber selten. Das führt dann manchmal soweit, dass eines der Mädchen anfängt, andere Kinder zu schlagen oder Stühle, auf denen die kleinen, recht wehrlosen Kinder sitzen, umzuwerfen, damit ich gezwungen bin, meine Aufmerksamkeit auf sie zu lenken. Und dann hat sie, was sie will. Aber auch da machen wir schon Fortschritte, und ganz so fertig mit meinen Nerven, wie ich das am Anfang nach der Schule immer war, bin ich inzwischen auch nicht mehr.

"Meine" Klasse mit Rechal

 Und ich habe eine wunderschöne Aufgabe bekommen, die eine halbe Stunde der Schulzeit in Anspruch nimmt: Einem Mädchen namens Jeba, das nicht sprechen kann und nur mit Mühe ein paar Laute hinbekommt, gebe ich jeden Morgen Sprachunterricht. Das bedeutet, dass ich zwei oder drei Übungen mit ihr mache, wie zum Beispiel eine Kerze auspusten, ein kleines Bonbon mit der Zunge von meiner Hand aufnehmen oder sich Zuckerwasser von den Lippen lecken. Zwischendurch versuche ich sie immer dazu zu bringen, einfache Wörter wie „amma“ (Mama) oder „appa“ (Papa) oder auch nur einzelne Laute zu sagen, und es klappt auch immer besser und macht sowohl ihr als auch mir unglaublich viel Spaß!

Das Mittagessen läuft wieder so ab wie das Frühstück und ich bin froh, wenn ich gegessen habe und mich etwas ausruhen kann, denn von 13:30 bis 16:00 Uhr habe ich Mittagspause. Etwas zu tun gibt es meistens trotzdem, von Waschen und Putzen über Einkaufen gehen, Ferienunterkünfte buchen oder einen Blogeintrag schreiben – so arg viel Ruhe gibt es eigentlich nie. Erst recht dann nicht, wenn ich mich mit Arun, der gerade hier aushilft, zum Lernen verabrede. Sein Bruder hat nämlich Sophie, eine ehemalige Freiwillige hier, geheiratet und wohnt jetzt in Deutschland. Deswegen möchte er unbedingt auch bald mal nach Deutschland und Deutsch lernen. Im Gegenzug bringt er mir etwas Tamil bei. Und da wir beide vor der gleichen Herausforderung stehen – eine neue Sprache lernen zu wollen – verstehen wir auch recht gut, was der andere wissen möchte und wie schwer es ist, sich alles zu merken, was einem erzählt wird!

Spätestens um vier ist der Unterricht aber beendet, denn dann ist wieder Tea-Time. Diesmal sogar mit Snacks, bei Mr. Barnabas im Büro. Das ist immer eine sehr gute Gelegenheit, ihn Dinge zu fragen und sich auszutauschen. Oder auch nur den Anderen, die auch anwesend sind, zuzuhören. Auch wenn ich natürlich nur bruchstückweise etwas verstehe. Trotzdem bekomme ich, auch durch Unterlagen, die mir gezeigt werden, immer mehr Einblick in die Verwaltung der Schule, was echt spannend ist! Schulgeld müssen die Eltern zwar zahlen, aber sehr wenig, eher symbolisch (200 Rupien, das sind ca. 2,60€, auch wenn man indische Preise nicht mit europäischen vergleichen darf!). Das meiste funktioniert über „Well-Wisher“, die regelmäßig Geld spenden. Soweit ich das schon mitbekommen habe, ist Mr. Barnabas sehr geschickt darin, Beziehungen zu knüpfen und neue Sponsoren zu finden. Außerdem stellen die älteren Schüler selbst auch einige Produkte her, wie zum Beispiel Traubensaft und Notizbücher, die sie verkaufen und damit zum einen selbstständiger und auf spätere Berufe vorbereitet werden, gleichzeitig auch etwas Geld verdienen. 

Frisch gestärkt gehe ich danach wieder zu den Kindern im Heim und tobe mich mit ihnen richtig aus. Inzwischen habe ich zwei Springseile und drei Ringe zum Werfen, zusammen spielen die Kinder jedoch selten. Meistens wollen sie, dass ich sie fange, was mir die Möglichkeit gibt, den ganzen Zucker aus Tee und Snacks und das viele Essen zumindest ansatzweise wieder abzutrainieren ;) Unterbrochen wird das Spielen dann um sechs, dann ist Fernsehzeit und die Kinder versammeln sich in der Halle. Und mir macht Selvamary heiße Milch mit Zucker, damit meine Muskeln und Knochen nicht anfangen weh zu tun, nach dem vielen Rennen. Das beeindruckt die Leute hier irgendwie mächtig! Und unglaublich finden sie, dass ich Milch auch ohne Zucker trink. Das verstehen sie nicht und ich bekomm es auch nicht, nur einmal, als der Zucker leer war, hatten sie keine andere Wahl ;)
 Um halb sieben wiederholt sich das morgendliche Childrenprayer, bis es dann um sieben Abendessen gibt. Nach dem Essen gehe ich in das Gebäude der Jungs und setzte mich zu Sahral, einer der Mitarbeiterinnen, rede mit ihr und mit den Jungs, die bei ihr im Zimmer schlafen. Sobald die Jungen mein Handy erblicken, wollen sie unbedingt fotografiert werden oder selbst Fotos machen, was ich ab und zu auch zulassen muss und dann auch immer ganz witzig ist. (Ich würde mein Handy am liebsten in meinem Cottage lassen, dann wäre ich allerdings den ganzen Nachmittag nicht zu erreichen. Und Mr. Barnabas oder eine der Lehrerinnen müssen mich öfters mal erreichen…)

Eines der daraus resultierenden Bilder

Und noch eins
Abgeschlossen wird der Tag mit einem Staffprayer auf dem Boden vor dem Boys-Hostel, dann ziehe ich mich erschöpft in mein Zimmer zurück und bin froh, wenn ich nichts mehr erledigen muss, sondern einfach noch ein bisschen lesen kann. Denn am nächsten Tag fängt das ganze ja schon wieder von vorne an!

Bilder habe ich immer noch nicht so viele, denn immer, wenn ich mit einem Foto aufkreuze, werde ich umringt von Kindern, die sich genau vor mich stellen, so dass ich das eigentliche Fotoobjekt überhaupt nicht mehr sehe! Ab und zu habe ich unauffällig versucht, mit dem Handy Bilder zu machen, aber auch das ist schwer. Ich bleib aber dran, irgendwann wird sich das auch alles normalisieren!

Eigentlich hatte ich geplant, den Baumstamm im Hintergrund mit den Jungs darauf zu fotografieren...
Ich hoffe ihr habt trotzdem einen guten Einblick in meinen üblichen Tagesablauf hier bekommen. Natürlich passiert auch um dieses Programm herum sehr viel, ich bin an Wochenenden oft unterwegs, auf Chorkonzerten, bei Verwandten von Mr. Barnabas, habe selbst kleine Auftritte mit der Gitarre und morgen gehe ich schon wieder auf eine Hochzeit… viel zu viel, um alles zu erzählen! Und das jetzt schon, nach gerade mal etwas mehr als einem Monat!

Liebe Grüße, bis bald!
Eure Anna

Montag, 5. Oktober 2015

Ab in den Urlaub!



Überarbeiten werde ich mich hier wohl nicht: die letzten 10 Tage waren nämlich schon wieder Ferien und ich hatte die Möglichkeit, ein paar Tage davon unterwegs zu sein und mal wieder ziemlich viel zu sehen!

Meine erste kleine Reise begann am Sonntag, dem 27.09. und ging nach Nagalapuram zu der Einsatzstelle von Anna, mit der ich auch schon von Bangalore hierhergekommen war. Das bedeutete, dass ich das erste Mal alleine Busfahren durfte! Auf dem Hinweg wurde ich zwar noch zur Bushaltestelle gefahren und in den richtigen Bus gesetzt, aber das war auch gut so. Mindestens 20 Busse standen da nämlich auf einmal an der Bushalte, ständig fuhren welche los, dafür kamen andere dazu und da ich noch kein Tamil lesen kann, war alles sehr unübersichtlich! Auf dem Rückweg sah das aber alles schon viel bekannter und einfacher aus und jeder, den man nur fragend anschaut, hilft einem sofort! 

Nach knappen zwei Stunden war ich auch schon bei Anna angekommen und wir hatten erst einmal sehr viel zu bereden, schauten uns die Einsatzstelle (ein Frauenzentrum) an und sprachen mit den Leuten vor Ort. Am Montag gingen wir zusammen mit einer Mitarbeiterin des Frauenzentrums nach Madurai, schon wieder auf eine Hochzeit :)  Also kann ich jetzt sogar schon etwas vergleichen und werde das in dem versprochenen Extraeintrag tun. 

Da Anna auch gerne sehen wollte, wie ich hier lebe, fuhren wir am Mittwoch gemeinsam her und erlebten das Elwin Centre im Ausnahmezustand: Die Schulkinder waren bis auf eine Hand voll zwar zu Hause, dafür waren aber um die 50 andere Jugendliche auf einem Sommercamp, das hier auf dem Gelände stattfand. Also wieder lauter neue Gesichter, die wir erst einmal damit verwirrten, dass wir uns beide mit „Anna“ vorstellten. Viel mehr konnten wir mit den meisten leider auch nicht reden, aber dafür mussten wir sehr oft wiederholen, dass wir Anna aus Germany sind und wurden oft fotografiert. 

In diesen zwei Tagen regnete es hier extrem viel, einmal stürmte es dazu noch so arg, dass mehrere Bäume hier auf dem Gelände entwurzelten, ein Auto darunter begraben wurde und die Stromleitung in einem der Gebäude kaputt ging.
So tief sind die Bäume auch nicht verwurzelt in dem sandigen Boden

Durchtrennte Stromleitungen
Stromausfall gab es währenddessen auf dem ganzen Gelände, das ist bei stärkeren Regenfällen wohl immer so. Aber Anna und ich freuten uns über das Wetter und kühlten uns ab, indem wir durch den Regen tanzten. Abends bastelten wir uns einen Kerzenständer aus einer leeren Flasche und hielten ein Ananas-Candle-Light-Dinner ab. Das hat auch mal was! :)
Unser Kerzenständer

Am Donnerstag fuhr Anna auch schon wieder heim und wir nutzen die Gelegenheit, dass ihr Bus Mittags in Sivakasi, der nächst größeren Stadt, fuhr, um uns dort morgens noch etwas umzuschauen. Viele Autos, Motorroller, kleine Läden mit Obst, Kleidern, Geschirr aber auch größere Supermärkte und Juweliere, einen großen Hindutempel und Kirchen,… und das alles bei einem sehr hohen Geräuschpegel. Zu sehen und hören gab es unglaublich viel und wir waren beide echt erschöpft, als wir dann endlich an der Bushalte standen!

Ein kleiner Hinud-Schrein

Doch viel Zeit zum Ausruhen blieb mir nicht, ich machte mich gleich wieder ans Packen. Um 10 Uhr abends holte mich Mr. Barnabas, mein Schulleiter, dann schon wieder ab und fuhr mit mir zum Thangam-Home, einem Heim hier im Dorf, in dem 14 Mädchen wohnen, weil sie entweder Waisen oder sehr arm sind und ihnen so die Schule beziehungsweise das College und die Verpflegung bezahlt wird. Das jüngste der Mädchen ist 13, die älteste 22. Ein Sponsor hatte ihnen für die Ferien etwas Geld gegeben, um einen Ausflug zu machen und da durfte ich mit! In einem kleinen Reisebus fuhren die 14 Mädchen, ihre Hausmutter, die Köchin, Mr Barnabas (der die Reise organisiert hatte), seine Frau Santhi und ich nach Kerala, also in den westlichen Nachbarbundesstaat. 

Zwar konnte ich mich mit den Mädchen mal wieder nur mit Bruchstücken Englisch und Händen und Füßen unterhalten, verstanden haben wir uns aber gut! Schon auf der Busfahrt kuschelte sich Bhuwana, das Mädchen, das neben mir saß, zum Schlafen an mich. 

Etwas erschöpt, weil das mit dem Schlafen im Bus trotzdem nicht so ergiebig war, kamen wir am nächsten Morgen bei unserem ersten Ziel an: dem Athrapilly-Wasserfall, auch „Niagara von Indien“ genannt. Mitten in einem dichten Wald aus Palmen und Laubbäumen, in dem tausende Affen von Baum zu Baum sprangen, schlängelte sich der Fluss und Unmengen an Wasser stürzten in die Tiefe. Auf Grund der starken Regenfälle in den letzten Tagen war dieser sogar noch reißender als sonst und mächtig beeindruckend!
Blick über den Wald

Die kleinen Affen im Baum



Die Mädchen auf dem Weg zum Wasserfall

Der erste Blick auf den Wasserfall

Am Fuß des Wasserfalls

Ein paar der Mädchen und ich beim Wasserfall

 Weiter flussaufwärts nutzen wir den Fluss um zu baden und uns zu waschen. Natürlich vollständig bekleidet, aber wunderschön und erfrischend! Und natürlich auch echt lustig mit den Mädchen ;)
Die Badestelle


Einen ersten Eindruck hatte ich schon, warum Kerala von der Tourismusindustrie als „Gods own Country“ bezeichnet wird, und der verstärkte sich mit jeder Minute, die ich auf der Weiterfahrt nach Kochi aus dem Fenster schaute: überall Palmen, grüne Reisfelder, kleine Hütten und große Villen. Aber obwohl es so viel zu sehen gab, schliefen wir alle nach einer Weile ein und wachten in Kochi wieder auf. Kochi ist eine Hafenstadt, verteilt auf mehrere Inseln und unglaublich groß. Nachdem wir unsere Unterkunft erreicht, Mittaggegessen und etwas Pause gemacht hatten, fuhren wir über eine halbe Stunde ans Meer und kamen dort gerade rechtzeitig, um den Sonnenuntergang zu beobachten. Der Weg am Ufer entlang führte unter knorrigen, alten Bäumen an riesigen Fischernetzen und kleinen Booten vorbei, umsäumt von kleinen Verkaufsständen. Der Anblick war herrlich, leider kümmerten sich die Mädchen aber so gut um mich, dass ich nicht viel Zeit hatte, alles zu fotografieren, sondern immer weiter gezogen wurde. Die Abendstimmung hätte sich aber wohl sowieso nicht wirklich einfangen lassen. 


Fischerboote am Ufer

Ganz viel Fisch (hat auch so gerochen wie es aussieht)

Der Sonnenuntergang



Am Ende der Uferpromenade liegt der Mahatma Ghandi- Strand, den wir erreichten, als es schon dunkel war, was hier aber auch sehr schnell geht. Wie überall war hier sehr viel los und auch touristenmäßig viel geboten, so dass einige der Mädchen, inklusive mir, den Strand auf einem Kamel entlang ritten und uns den Wind um die Nase streichen ließen.
Zwei der Mädchen auf dem Kamel
Dann mussten wir leider auch schon wieder zurück, aßen zu Abend und gingen dann auch recht schnell ins Bett. Lange wach bleiben die meisten Tamilen wohl nicht, dafür stehen sie aber auch früh auf!

Der nächste Tag war aber auch wieder gut gefüllt. Zuerst war ich zwar etwas enttäuscht, als es hieß, dass wir in eine Shoppingmall gehen würden, da ich mir vorstellen konnte, dass es in Kochi spannenderes zu sehen gibt. Die Shoppingmall war auch nicht das Spannende, sie war sehr neu und gefüllt mit all den Läden, die es bei uns auch gibt. Sehr westlich eben. Spannend waren aber die Mädchen, die so etwas noch nie gesehen hatten und beeindruckt waren von all den Läden, der Größe des Gebäudes und einen Stau an der Rolltreppe verursachten, da sie sich nicht trauten, darauf zu treten. Und unglaublich aufgeregt waren, als wir mit dem Aufzug wieder nach unten fuhren. Und zum ersten Mal bei McDonalds aßen. Das hat ihnen allerdings gar nicht geschmeckt. In dieser westlichen Welt kannte ich mich aus und sie waren die, für die alles neu war. Außerhalb der Mall dreht sich dieses Verhältnis allerdings und ich wirke sicherlich ganz genauso.

Anschließend ging es weiter nach Allepy, einer Stadt etwas südlicher, die berühmt ist für ihre Backwater und die Hausboote darauf. Auch wir hatten ein Boot gemietet und fuhren damit zwei Stunden lang durch die traumhaften Gewässer, wieder vorbei an zahllosen Palmen, Reisfeldern, kleinen Dörfern und vielen Hausbooten, denen wir fast allen zu winkten und uns fröhlich begrüßten. 
Eines der Hausboote

Mr. Barnabas in Mitten der Mädchen

Unser Schiff, die Köchin und ich

Der Kanal zu den Backwaters
Zeitenweise wurde ich zum Kapitän ernannt und durfte das Boot steuern. Zwar eigentlich nur gerade aus, hat aber trotzdem sehr viel Spaß gemacht und die Mädchen konnten fast nicht glauben, dass ich das kann.


Die Zeit verging viel zu schnell und wir machten uns schon wieder auf den Heimweg. Also wieder viel Zeit, um aus dem Fenster zu schauen, nach zu denken und sich an meine Nebensitzerin zu kuscheln. Irgendwann waren auch fast alle eingeschlafen, allerdings nicht lange. Denn um 10 Uhr hielten wir an, um zu Essen. Wo genau das war, kann ich nicht sagen, alles kam mir vor wie im Traum. Das Restaurant glich einer Garage, in die ein paar Tische gestellt wurden. Außen war eine große Herdplatte, die mit Holzfeuer beheizt wurde und wir aßen von Bananenblättern. Da wir nicht alle zusammen in die „Garage“ passten, aßen wir in Schichten, was hier üblich und auch ganz praktisch ist. So hatte ich nach dem Essen noch Zeit, den Sternenhimmel zu genießen und das für diese Zeit überraschend hektische Treiben in der kleinen Stadt zu beobachten. Allerdings war es fast etwas kühl, da der Wind recht stark blies. Das ist aber auch mal ganz angenehm, tagsüber tropft einem der Schweiß nur so von der Stirn.

Das Elwin Centre war schon abgeschlossen, als wir um 1 Uhr nachts wieder in Satchiyapuram ankamen, deswegen schlief ich bei den Mädchen im Heim. Das Heim ist für 14 Mädchen echt klein, zumindest wenn man deutsche Maßstäbe anlegt. Deswegen schlafen alle auf dem Boden in einem Raum, der auch als Aufenthalts-und Esszimmer dient. Es gibt nur zwei Bettgestelle, eins für die Köchin und eins für die Hausmutter. Obwohl ich mehrmals beteuerte, dass ich ganz sicher auch auf dem Boden schlafen kann, bekam ich eines der Betten und die Köchin schlief dafür auf dem Boden. Das war mir zwar nicht recht, aber wehren konnte ich mich nicht. Und gemütlicher war es sicher. Kurz war die Nacht aber trotzdem, schon vor sechs stand die Hausmutter auch schon wieder auf. Die Mädchen schliefen zwar noch etwas länger, wurden bald darauf aber auch geweckt und gingen zum Zähneputzen vor das Haus. 

Den Schlaf muss ich erstmal noch nachholen, heute hat jetzt auch die Schule wieder begonnen und der Alltag kehrt für eine Weile zurück. Glaube ich wenigstens, aber so sicher weiß ich nie, was am nächsten Tag alles passiert ;)

Ganz liebe Grüße,

Eure Anna