Überarbeiten werde ich mich hier wohl nicht: die letzten 10
Tage waren nämlich schon wieder Ferien und ich hatte die Möglichkeit, ein paar
Tage davon unterwegs zu sein und mal wieder ziemlich viel zu sehen!
Meine erste kleine Reise begann am Sonntag, dem 27.09. und ging
nach Nagalapuram zu der Einsatzstelle von Anna, mit der ich auch schon von
Bangalore hierhergekommen war. Das bedeutete, dass ich das erste Mal alleine
Busfahren durfte! Auf dem Hinweg wurde ich zwar noch zur Bushaltestelle
gefahren und in den richtigen Bus gesetzt, aber das war auch gut so. Mindestens
20 Busse standen da nämlich auf einmal an der Bushalte, ständig fuhren welche
los, dafür kamen andere dazu und da ich noch kein Tamil lesen kann, war alles
sehr unübersichtlich! Auf dem Rückweg sah das aber alles schon viel bekannter
und einfacher aus und jeder, den man nur fragend anschaut, hilft einem sofort!
Nach knappen zwei Stunden war ich auch schon bei Anna
angekommen und wir hatten erst einmal sehr viel zu bereden, schauten uns die
Einsatzstelle (ein Frauenzentrum) an und sprachen mit den Leuten vor Ort. Am
Montag gingen wir zusammen mit einer Mitarbeiterin des Frauenzentrums nach
Madurai, schon wieder auf eine Hochzeit :)
Also kann ich jetzt sogar schon etwas vergleichen und werde das in dem
versprochenen Extraeintrag tun.
Da Anna auch gerne sehen wollte, wie ich hier lebe, fuhren
wir am Mittwoch gemeinsam her und erlebten das Elwin Centre im Ausnahmezustand:
Die Schulkinder waren bis auf eine Hand voll zwar zu Hause, dafür waren aber um
die 50 andere Jugendliche auf einem Sommercamp, das hier auf dem Gelände
stattfand. Also wieder lauter neue Gesichter, die wir erst einmal damit
verwirrten, dass wir uns beide mit „Anna“ vorstellten. Viel mehr konnten wir
mit den meisten leider auch nicht reden, aber dafür mussten wir sehr oft
wiederholen, dass wir Anna aus Germany sind und wurden oft fotografiert.
In diesen zwei Tagen regnete es hier extrem viel, einmal
stürmte es dazu noch so arg, dass mehrere Bäume hier auf dem Gelände entwurzelten,
ein Auto darunter begraben wurde und die Stromleitung in einem der Gebäude
kaputt ging.
So tief sind die Bäume auch nicht verwurzelt in dem sandigen Boden |
Durchtrennte Stromleitungen |
Unser Kerzenständer |
Am Donnerstag fuhr Anna auch schon wieder heim und wir
nutzen die Gelegenheit, dass ihr Bus Mittags in Sivakasi, der nächst größeren
Stadt, fuhr, um uns dort morgens noch etwas umzuschauen. Viele Autos, Motorroller,
kleine Läden mit Obst, Kleidern, Geschirr aber auch größere Supermärkte und Juweliere,
einen großen Hindutempel und Kirchen,… und das alles bei einem sehr hohen
Geräuschpegel. Zu sehen und hören gab es unglaublich viel und wir waren beide
echt erschöpft, als wir dann endlich an der Bushalte standen!
Ein kleiner Hinud-Schrein |
Doch viel Zeit zum Ausruhen blieb mir nicht, ich machte mich
gleich wieder ans Packen. Um 10 Uhr abends holte mich Mr. Barnabas, mein
Schulleiter, dann schon wieder ab und fuhr mit mir zum Thangam-Home, einem Heim
hier im Dorf, in dem 14 Mädchen wohnen, weil sie entweder Waisen oder sehr arm
sind und ihnen so die Schule beziehungsweise das College und die Verpflegung
bezahlt wird. Das jüngste der Mädchen ist 13, die älteste 22. Ein Sponsor hatte
ihnen für die Ferien etwas Geld gegeben, um einen Ausflug zu machen und da
durfte ich mit! In einem kleinen Reisebus fuhren die 14 Mädchen, ihre
Hausmutter, die Köchin, Mr Barnabas (der die Reise organisiert hatte), seine
Frau Santhi und ich nach Kerala, also in den westlichen Nachbarbundesstaat.
Zwar konnte ich mich mit den Mädchen mal wieder nur mit Bruchstücken
Englisch und Händen und Füßen unterhalten, verstanden haben wir uns aber gut!
Schon auf der Busfahrt kuschelte sich Bhuwana, das Mädchen, das neben mir saß,
zum Schlafen an mich.
Etwas erschöpt, weil das mit dem Schlafen im Bus trotzdem
nicht so ergiebig war, kamen wir am nächsten Morgen bei unserem ersten Ziel an:
dem Athrapilly-Wasserfall, auch „Niagara von Indien“ genannt. Mitten in einem
dichten Wald aus Palmen und Laubbäumen, in dem tausende Affen von Baum zu Baum
sprangen, schlängelte sich der Fluss und Unmengen an Wasser stürzten in die
Tiefe. Auf Grund der starken Regenfälle in den letzten Tagen war dieser sogar
noch reißender als sonst und mächtig beeindruckend!
Blick über den Wald |
Die kleinen Affen im Baum |
Die Mädchen auf dem Weg zum Wasserfall |
Der erste Blick auf den Wasserfall |
Am Fuß des Wasserfalls |
Ein paar der Mädchen und ich beim Wasserfall |
Weiter flussaufwärts nutzen
wir den Fluss um zu baden und uns zu waschen. Natürlich vollständig bekleidet,
aber wunderschön und erfrischend! Und natürlich auch echt lustig mit den
Mädchen ;)
Die Badestelle |
Einen ersten Eindruck hatte ich schon, warum Kerala von der
Tourismusindustrie als „Gods own Country“ bezeichnet wird, und der verstärkte
sich mit jeder Minute, die ich auf der Weiterfahrt nach Kochi aus dem Fenster
schaute: überall Palmen, grüne Reisfelder, kleine Hütten und große Villen. Aber
obwohl es so viel zu sehen gab, schliefen wir alle nach einer Weile ein und
wachten in Kochi wieder auf. Kochi ist eine Hafenstadt, verteilt auf mehrere
Inseln und unglaublich groß. Nachdem wir unsere Unterkunft erreicht,
Mittaggegessen und etwas Pause gemacht hatten, fuhren wir über eine halbe
Stunde ans Meer und kamen dort gerade rechtzeitig, um den Sonnenuntergang zu
beobachten. Der Weg am Ufer entlang führte unter knorrigen, alten Bäumen an
riesigen Fischernetzen und kleinen Booten vorbei, umsäumt von kleinen Verkaufsständen.
Der Anblick war herrlich, leider kümmerten sich die Mädchen aber so gut um
mich, dass ich nicht viel Zeit hatte, alles zu fotografieren, sondern immer
weiter gezogen wurde. Die Abendstimmung hätte sich aber wohl sowieso nicht
wirklich einfangen lassen.
Fischerboote am Ufer |
Ganz viel Fisch (hat auch so gerochen wie es aussieht) |
Der Sonnenuntergang |
Am Ende der Uferpromenade liegt der Mahatma Ghandi- Strand,
den wir erreichten, als es schon dunkel war, was hier aber auch sehr schnell
geht. Wie überall war hier sehr viel los und auch touristenmäßig viel geboten,
so dass einige der Mädchen, inklusive mir, den Strand auf einem Kamel entlang
ritten und uns den Wind um die Nase streichen ließen.
Zwei der Mädchen auf dem Kamel |
Der nächste Tag war aber auch wieder gut gefüllt. Zuerst war
ich zwar etwas enttäuscht, als es hieß, dass wir in eine Shoppingmall gehen
würden, da ich mir vorstellen konnte, dass es in Kochi spannenderes zu sehen gibt.
Die Shoppingmall war auch nicht das Spannende, sie war sehr neu und gefüllt mit
all den Läden, die es bei uns auch gibt. Sehr westlich eben. Spannend waren
aber die Mädchen, die so etwas noch nie gesehen hatten und beeindruckt waren
von all den Läden, der Größe des Gebäudes und einen Stau an der Rolltreppe
verursachten, da sie sich nicht trauten, darauf zu treten. Und unglaublich
aufgeregt waren, als wir mit dem Aufzug wieder nach unten fuhren. Und zum
ersten Mal bei McDonalds aßen. Das hat ihnen allerdings gar nicht geschmeckt.
In dieser westlichen Welt kannte ich mich aus und sie waren die, für die alles
neu war. Außerhalb der Mall dreht sich dieses Verhältnis allerdings und ich
wirke sicherlich ganz genauso.
Anschließend ging es weiter nach Allepy, einer Stadt etwas
südlicher, die berühmt ist für ihre Backwater und die Hausboote darauf. Auch
wir hatten ein Boot gemietet und fuhren damit zwei Stunden lang durch die
traumhaften Gewässer, wieder vorbei an zahllosen Palmen, Reisfeldern, kleinen
Dörfern und vielen Hausbooten, denen wir fast allen zu winkten und uns fröhlich
begrüßten.
Eines der Hausboote |
Mr. Barnabas in Mitten der Mädchen |
Unser Schiff, die Köchin und ich |
Der Kanal zu den Backwaters |
Zeitenweise wurde ich zum Kapitän ernannt und durfte das Boot
steuern. Zwar eigentlich nur gerade aus, hat aber trotzdem sehr viel Spaß
gemacht und die Mädchen konnten fast nicht glauben, dass ich das kann.
Das Elwin Centre war schon abgeschlossen, als wir um 1 Uhr
nachts wieder in Satchiyapuram ankamen, deswegen schlief ich bei den Mädchen im
Heim. Das Heim ist für 14 Mädchen echt klein, zumindest wenn man deutsche
Maßstäbe anlegt. Deswegen schlafen alle auf dem Boden in einem Raum, der auch als
Aufenthalts-und Esszimmer dient. Es gibt nur zwei Bettgestelle, eins für die
Köchin und eins für die Hausmutter. Obwohl ich mehrmals beteuerte, dass ich
ganz sicher auch auf dem Boden schlafen kann, bekam ich eines der Betten und
die Köchin schlief dafür auf dem Boden. Das war mir zwar nicht recht, aber
wehren konnte ich mich nicht. Und gemütlicher war es sicher. Kurz war die Nacht
aber trotzdem, schon vor sechs stand die Hausmutter auch schon wieder auf. Die
Mädchen schliefen zwar noch etwas länger, wurden bald darauf aber auch geweckt
und gingen zum Zähneputzen vor das Haus.
Den Schlaf muss ich erstmal noch nachholen, heute hat jetzt
auch die Schule wieder begonnen und der Alltag kehrt für eine Weile zurück.
Glaube ich wenigstens, aber so sicher weiß ich nie, was am nächsten Tag alles
passiert ;)
Ganz liebe Grüße,
Eure Anna
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