Sonntag, 10. Januar 2016

Ein Monat gefüllt mit Weihnachtsfeiern

Auch wenn hier offiziell nur der 25.12. als Weihnachten angesehen wird und der Advent und die Adventssonntage keine Rolle spielen, habe ich nicht etwas so lange nichts mehr geschrieben, weil es nichts zu erzählen gegeben hätte. Ganz im Gegenteil, die Weihnachtszeit war einfach (wie wohl jedes Jahr und überall) recht vollgepackt und stressig. 

Schon im Oktober wurden die Weihnachts-CDs ausgepackt und die ersten Weihnachtslieder gehört. Ende November besuchte ich dann meine erste von insgesamt elf Weihnachtsfeiern. Die meisten davon wurden von den christlichen Schulen und Heimen hier in der Umgebung ausgerichtet und bei allen war ich ein willkommener Gast. Bei einer der Feiern war ich sogar einer der Ehrengäste, die den ersten, formellen Teil der meist ähnlich aufgebauten Zeremonie bilden. Zu Beginn sitzen die „chief guest“, auf die auch mal gerne eine Stunde lang gewartet wird, sollten sie nicht rechtzeitig erscheinen, vorne auf der Bühne. Nach und nach werden sie begrüßt, geehrt und die meisten richten auch ein paar Worte an die Kinder, die diesen sehr langwierigen Teil der Feier beeindruckend geduldig über sich ergehen lassen. Anschließend gibt es aber auch die Geschenke, meist Versperdosen, Trinkflaschen oder Mäppchen. Auch wenn das für uns nicht sonderlich verlockend klingt, scheinen sich die Kinder sehr darüber zu freuen. 

Der formelle Teil ist damit abgeschlossen und das „cultural program“ beginnt. Diesen haben die Kinder selbst vorbereitet und er besteht aus den verschiedensten Tänzen und einem Krippenspiel. 

Traditioneller Tanz, bei dem ein kleiner Weihnachtsbaum auf dem Kopf balanciert wird...

...und damit alle möglchen Kunststücke gemacht werden.

Krippenspiel

Tanz der "Thangam-Home"- Mädchen
Besonders freuen sich die Kinder über den „Christmas Tata“, den Weihnachtsmann, der plötzlich während den Tänzen auftaucht, mit den Kindern mittanzt und Bonbons in die Menge schmeißt. Aussehen tut der Weihnachtsmann, bis auf die Luftballons mit denen er geschmückt ist, ganz genauso wie bei uns – denn er trägt immer eine Maske mit weißer Hautfarbe und weiße Handschuhe, so dass die braune Hautfarbe (die die meisten Inder hier sowieso gar nicht mögen) nicht mehr zu sehen ist. 

Christmas-Tata auf dem Motorrad


Zum Abschluss gibt es noch etwas zu Essen für alle, was hier viel unkomplizierter ist als in Deutschland. Da man ja mit den Händen isst, braucht man nämlich keinen Tisch, sondern kann seinen Teller mit der einen Hand halten und mit der anderen essen, entweder im Stehen oder auf dem Boden sitzend. 

Bei mir im Elwin Centre gab es gleich zwei Weihnachtsfeiern, da zwei Kirchengemeinden einen Nachmittag für die Kinder gestalteten. Die Feiern sahen deshalb auch etwas anders aus als die anderen und begannen mit kleinen Spielen für die Kinder. So mussten ein paar möglichst schnell einen Weihnachtsbaum schmücken, andere zerschlugen Wasserbomben mit der Hand und wieder andere verkleideten sich um die Wette als Weihnachtsmann.

"Weihnachtsbaum" schmücken

Wer verkleidet sich am schnellsten?

Seilziehen

Ragul und Pream zeigen stolz ihre neuen Kleider (die sie von der Schule zu Weihnachten bekommen haben)
 Das Gewinnen wird hier sehr ernst genommen, weshalb jeweils im Anschluss an die Spiele eine Siegerehrung stattfand und die ersten drei einen kleinen Preis, einen Teller oder eine Vesperdose, erhielten. Auch wir Mitarbeiter blieben von den Spielen nicht verschont, was mir an einem Tag eine wunderschöne neue Dose bescherte ;)

Christmas-Tata-Siegerehrung

Alle weiblichen Mitarbeiter beim Spielen
Siegerehrung

Der formelle Teil wurde bei unseren Weihnachtsfeiern weitgehend ausgelassen, auf den kulturellen Teil wurde aber schon lang im Voraus hingefiebert und täglich wurden Tänze geübt. Ich selbst wurde gebeten, ein deutsches Weihnachtslied zu singen und mit meiner Gitarre zu begleiten, was ich natürlich tat. 
Meine Kinder beim Tanzen

 Unsere Halle wurde dafür von einem der Special Employees (Mitarbeiter, die früher hier selbst Schüler waren und jetzt mithelfen) über und über geschmückt. Sogar eine große Krippe und ein Weihnachtsbaum (natürlich aus Plastik) wurde auf gestellt. Beim Schmücken gilt hier die Devise: Je bunter und mehr desto besser, weshalb überall bunte, blinkende LED-Lichterketten, Leuchtsterne und anderes Klitzerzeug hingen. Auch die Kirche war von oben bis unten damit behangen. Obwohl mir das alles am Anfang etwas viel und überladen vorkam, gewöhnte ich mich ganz schnell daran und fing an, das alles schön zu finden, denn es gehört hier einfach dazu!
Unsere Halle (auf die Ehrengäste wird noch gewartet)

Die geschmückte Kirche von innen

Zelt vor der Kirche (für die, die nicht mehr rein passen)

Die Krippe vor der Kirche

Die St. Peter Church von außen


Der Dezember verging mit all diesen Weihnachtsfeiern wie im Flug. Am 23. Dezember begannen die Ferien und fast alle Kinder verließen strahlend mit ihren Eltern das Centre und machten sich auf den Weg nach Hause.

Am Abend des 24. Dezembers ging ich zu meinem Schulleiter, Mr. Barnabas, nach Hause, um mit ihm, seiner Frau und zwei Nichten Weihnachten zu feiern. Nachdem wir ein kleines Feuerwerk veranstaltet (das gehört zumindest bei mir in Sivakasi, dessen Hauptindustriezweig die Feuerwerksproduktion ist, zu jedem Fest dazu) und Abendgegessen haben, gingen wir auch bald schlafen, denn der 25. Dezember wird hier voll und ganz ausgenutzt. So wird der Gottesdienst schon um 4:30 Uhr gefeiert. Da wir erst einmal eine halbe Stunde zu einer Kirche außerhalb fuhren, eine halbe Stunde früher da sein mussten, da Mr. Barnabas die Predigt hielt und der Festtagssari sowieso etwas länger zum Anziehen braucht, bedeutete das, dass wir um 2:30 Uhr wieder aufstanden. Als wir dann um 4 Uhr an der Kirche ankamen, beschallte diese das komplette Dorf mit Weihnachtsliedern, was hier bei jedem Fest und jeder Religion üblich ist. 

Der Gottesdienst dauerte 2 Stunden, so dass es hell war, als wir aus der Kirche kamen. Wieder zurück zu Hause halfen erst einmal alle mit beim Frühstück machen. 

Frühstücksvorbereitung
Mr. Barnabas hatte Toast gekauft und meinte, es sei noch etwas Gemüse und Käse da, ob ich nicht ein paar Sandwichs machen könne, damit ihr Sandwichtoaster auch mal zum Einsatz komme. Leider stellte sich heraus, dass der Käse eigentlich Butter war. So belegte ich die Sandwichs mit Tomaten, Gurken und Petersilie und viel Majonäse, damit sie zumindest nach et­­­­­­­­­was schmecken. So schlecht waren sie dann auch gar nicht.
Der Sandwichbelag

Bevor wir aßen wurde erst einmal der Kuchen angeschnitten (das „Cake-Cutting“ ist auch eine Tradition, die zu jedem Fest dazu gehört) und ich bekam Stoff für ein neues Kleidungsstück geschenkt. Generell werden hier an Weihnachten eigentlich nur neue Kleider verschenkt, die dann auch gleich getragen werden. Dass man an Weihnachten etwas Neues zum Anziehen hat, ist dafür aber auch sehr wichtig!

Weihnachtsbaum der Familie Barnabas
Bis zum Mittagessen ruhten wir uns aus, sangen Weihnachtslieder und schauten Fernsehen. Nach dem Mittagessen gingen Mr. Barnabas´ Nichte, Jenny, und ich zur Kirche. Hier wurde ein „Familiennachmittag“ veranstaltet und mit jeder Altersgruppe, vom Kindergarten bis zu den Senioren, ein Spiel gespielt, ähnlich wie bei unseren Weihnachtsfeiern. 
Wir mussten kleine Styroporkügelchen aus einer Flasche schüttel- ist schwerer als man denkt!


Die Stimmung war unglaublich gut, niemand war sich zu schade für die Spiele und alle machten mit, so dass Weihnachten zwar komplett anders war als zu Hause in Deutschland, aber wunderschön!
Nach dem Abendessen wurde ich von Mr. Barnabas wieder in mein indisches zu Hause gefahren und machte mich ans Packen, da ich am 26. los fuhr nach Goa, um dort mit den anderen Freiwilligen Silvester zu feiern und Urlaub zu machen. Wie das war, werde ich in den nächsten Tagen erzählen! Ihr hört also bald wieder von mir!

Liebe Grüße aus dem immer wärmer werdenden Tamil Nadu,


Eure Anna

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