Auch wenn Menschen auf der ganzen Welt wohl ähnliche Sorgen, Problem, Träume und Ideen haben, ist es doch von Kultur zu Kultur unterschiedlich, was auch zum Gesprächsthema gemacht wird. So wird hier relativ selten über das Wetter gesprochen – das ist einfach so wie es ist und man kann nichts daran ändern. Dafür werde ich aber häufig gefragt, was mein Papa denn verdient und was das neue Oberteil gekostet hat – denn Geld ist hier keinesfalls ein Tabuthema wie bei uns - wenn man viel Geld verdient, will man das auch allen mitteilen. Genauso wenig tabu wie die erste Periode eines Mädchens. Ganz im Gegenteil, das Mädchen gilt dann als erwachsen – und das sollen alle erfahren!
Schon oft haben mir die jüngeren Lehrerinnen hier erzählt, wie ihr Vater damals ganz stolz von Haus zu Haus gelaufen ist und alle zum Fest eingeladen hat, das ein paar Tage später gefeiert wurde. Und waren ganz erstaunt, als ich gemeint habe, dass ich das eher nicht so herum erzählt habe. Heute hatte ich die Gelegenheit, auf eines dieser Feste von einer Schülerin, Ajita, zu gehen. Die Familie ist hinduistisch, so dass viele Pujas (die rituellen Gebete) gehalten wurden. So richtig vorstellen kann man sich das schwer, wenn man es nicht gesehen hat. Und ganz verstanden, was genau wann passiert, haben nicht einmal die Lehrer, die mit dabei waren. Denn dieses Fest ist von Ort zu Ort und natürlich von Religion zu Religion etwas anders. Glücklicherweise wurde ich die ganze Zeit aufgefordert, jede Kleinigkeit zu fotografieren, so kann ich euch jetzt einen kleinen Einblick geben:
Ein Priester kam in Haus der Familie, bereitete im Hauptraum
des Hauses alles für die Puja vor und alle versammelten sich dort. Zuerst
setzten sich Ajita und ihre Familie neben den Priester, der Mantras aufsagte
und allerlei Rituale mit Kokosnüssen, Bananen, Räucherstäbchen, Blumen und
einem kleine Feuer durchführte, die ich leider nicht erklären kann. Es ist trotzdem
einfach unglaublich faszinierend ihm zuzuschauen, wie er Blumen und Wasser auf
die ausgebreiteten Bananenblätter und Kokosnüsse und sogar im ganzen Haus verteilt,
ein Feuer entzündet und dabei durchgehend diese meditativen Mantras rezitiert.
Nachdem Ajitas eigene Familie um den Priester herum gesessen
hatten, setzten sich nacheinander Ajitas Onkel und Tanten und die Rituale
wurden wiederholt. Jeweils anschließend segneten sie Ajita mit einer Paste aus
Sandelholz, indem sie ihr mit dem Ringfinger etwas davon auf die Stirn
schmierten.
Als alle Verwandten an der Reihe waren verließen wir das
Haus und Ajita wurde „geduscht“. Das heißt, ihre Tanten schütteten Wasser über
sie, schmierten sie mit Kurkuma-Pulver ein (was hier generell oft zum Gesichtwaschen
verwendet wird und einen leichten Gelbstich hinterlässt).
Vermutlich um sie besonders „rein“ zu waschen wurde im
Anschluss Wasser über sie geschüttet, das zuvor bei der Puja geheiligt wurde.
Danach bekam Ajita einen Sari geschenkt –sie gehört ja jetzt
zu den Großen- der ihr dann auch sofort angezogen wurde. Umringt von allen
Frauen, die fast alle an ihr rumzupften und zu helfen versuchten. Es war aber
auch besonders schwer, ihr den Sari anzuziehen, da sie sehr klein und dünn ist –
der Sari ist aber trotzdem 6m lang! Als der Sari fertig war, wurde sie über und
über mit Schmuck und Blumen behängt:
Noch einmal wurde eine Puja gehalten, dieses Mal führten die
Tanten einige Rituale durch. Zum Beispiel wurden ihr Kekse auf den Kopf, die Hände
und die Schulter gelegt und diese dort zerschlagen. Was sehr zur Belustigung
des ganzen Raums beitrug, den tieferen Sinn dahinter konnte ich mir aber leider
nicht erklären lassen.
Zum Abschluss liefen wir zu zwei Tempeln. Auch da wurde gebetet und jeweils ein kleines Feuer entzündet.
Auch wenn das jetzt mal wieder nur ein Bruchteil von dem
war, was ich heute Morgen alles gesehen und erlebt habe (allein die Gerüche bei
so einer Puja sind ganz besonders), habt ihr vielleicht doch einen kleinen
Eindruck bekommen.
Ajita, ihre Cousine, Elwin Centre Staff und ich |
Ganz liebe Grüße!
Eure Anna
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